Wie man einer dpa-Meldung und einem Artikel der Neuen Osnabrücker Zeitung
entnehmen kann, möchte der niedersächsische Minister für Inneres und
Sport einen "Fußballgipfel" einberufen, dessen Teilnehmer noch nicht
bekannt sind. Vermeintliches Ziel soll sein, eine Definition von
'Fankultur' zu finden, die Herrn Pistorius genehm ist. Nicht genehm sind
ihm laut übereinstimmenden Berichten Pyrotechnik und laut dpa-Meldung
"Choreographien mit großen Schwenkfahnen" (sic!). Er behauptet, dass
aktuell der Begriff der 'Fankultur' ausschließlich von Ultras und
Fangruppen definiert würde.
Über Sinn und Unsinn dieser Aussagen wollen wir uns gar nicht weiter
auslassen. Jeder interessierte Fußballfan, der regelmäßig Fußballspiele
besucht, wird diese realitätsfernen Gedankengänge schon einzuordnen
wissen. Interessanter ist, warum Herr Pistorius sich berufen fühlt, sich
erneut in Themen des Fußballs einzumischen. Liegt es wirklich daran,
dass es in der kommenden Saison wieder zwei Derbys geben wird? Oder liegt
es vielleicht daran, dass es ihm und seiner untergebenen Polizei nicht
in die Argumentationslinie passt, dass die Kennzahlen zu Fangewalt in Niedersachen deutlich zurückgegangen sind
und sich die Polizei somit eigentlich selbst fragen müsste, ob es
wirklich nötig ist, weiter in übermäßiger Stärke bei völlig unkritischen
Spielen aufzutreten? Aus unserer Sicht beabsichtigt Herr Pistorius
durch diese populistischen Aussagen und Maßnahmen alle Fußballfans
weiteren Repressionen, Drangsalierungen und Überwachungen auszusetzen.
Sollte er dieses schaffen, wird er tatsächlich irgendwann eine
Atmosphäre wie bei den L.A. Dodgers schaffen: Ein komplett kommerzielles
Event, bei dem der Konsum im Vordergrund, der Sport an sich hingegen häufig nur im Hintergrund steht und bei dem es quasi keine Fangesänge, geschweige denn Choreographien geben wird.
Vor diesem Hintergrund möchten wir die tatsächlich Beteiligten am
Fußball, also vor allem die Vereine und Verbände, aber auch die Medien
davor warnen, auf den populistischen Zug von Politik und Polizei
aufzuspringen, und sie auffordern, sich sachlich und
realitätsnah mit dem Thema 'Fankultur' zu beschäftigen. Herrn Pistorius
möchten wir hingegen darum bitten, sich um die wichtigen Themen und
Probleme des Landes zu kümmern. Der Fußball gehört mit Sicherheit nicht
dazu. Die Fankultur selbst, dies legt schon der Wortlaut nahe, gehört in
erster Linie einen: den Fans.