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Montag, 11. Dezember 2017

Hannover 96 missachtet Unschuldsvermutung

Am 11.12.2017 teilte Hannover 96 mit, dass 36 Mitglieder mit sofortiger Wirkung aus dem Verein ausgeschlossen werden. Die Betroffenen sollen Teil einer Gruppe gewesen sein, die Mitte letzten Jahres von der Polizei in Hildesheim in Gewahrsam genommen worden war. Begründet wird der Vereinsausschluss mit einem vermeintlichen Verstoß gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung und vereinsschädigendem Verhalten. Die Fanhilfe Hannover stellt fest, dass beide Begründungen nicht zutreffen.

Vereinsschädigendes Verhalten liegt nicht vor, da ein strafrechtlich irrelevanter Vorfall, der sich abseits einer Veranstaltung des Vereins und ohne Bezug zu diesem ereignet, den Verein nicht schädigen, insbesondere nicht seine gemeinnützigen Zwecke gefährden kann. Die Verdachtsmomente stützen sich auf einen Vorfall, bei dem es bis heute keine Beweise für eine angestrebte Auseinandersetzung gibt, da sich erwiesenermaßen keine gegnerischen Fans in der Nähe aufhielten oder in Anreise befanden. Aus diesem Grund wurden von der zuständigen Polizeibehörde auch keinerlei Ermittlungsverfahren, zum Beispiel wegen Landfriedensbruchs oder versuchter Körperverletzung, eingeleitet. „Mittelbar wirkt die Unschuldsvermutung als Ausfluss des verfassungsrechtlich normierten Rechtsstaatsprinzips auch in privatrechtlichen Beziehungen, wie dem Vereinsrecht, fort. Gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen sowie, im Übrigen zweifelhafte, privatrechtliche Strafmaßnahmen wie ein Stadionverbot des DFB können diese Vermutung nicht außer Kraft setzen,“ so eine Juristin der Fanhilfe. Der Vorstand des Hannoverschen Sportvereins nimmt mit seiner Entscheidung Abstand von der Unschuldsvermutung. Erst kürzlich hatte die Fanhilfe bezugnehmend auf die Unschuldsvermutung gefordert, von einem Vereinsausschlussverfahren gegen den Vorstandsvorsitzenden Martin Kind abzusehen.

Außerdem liegt kein Verstoß gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung vor. Ein solches Verhalten ist das Unterstützen von Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, Handlungen gegen die Bundesrepublik Deutschland, die Behinderung der Amtsausübung der Organe oder die Gefährdung auswärtiger Belange der Bundesrepublik. Insbesondere die in § 9 Nr. 4a aufgeführten Regelbeispiele mit Bezug auf rechtsextreme Gesinnungen weisen darauf hin, dass sich der Ausschlussgrund des § 9 Nr. 4a auf eben solche politisch motivierten Verstöße bezieht, nicht jedoch auf gefahrenabwehrrechtliche Polizeimaßnahmen, denen die Vermutung eines politisch nicht motivierten Gewaltdelikts zugrunde gelegt wurde.

Insbesondere strafrechtlich nicht geahndetes Verhalten kann keine Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung darstellen. § 9 Nr. 4a der Satzung des Hannoverschen Sportvereins kann nicht über seinen Wortlaut hinaus gedeutet werden, sodass schlichtes gewalttätiges oder gewaltähnliches Verhalten in den Anwendungsbereich der Satzung fiele.

Die Fanhilfe Hannover kündigt rechtliche Schritte gegen die Maßnahmen des Vorstands an.

Erinnern möchte die Fanhilfe auch an die Fälle der drei A-Jugendlichen von Hannover 96, die wegen eines geplanten Raubüberfalls verurteilt wurden, an Altin Lala, der wegen Bestechung verurteilt wurde und an das Mitglied des Ü50-Teams von 96, der wegen Körperverletzung verurteilt wurde. In allen drei Fällen gab es unseres Wissens keinen Vereinsausschluss geschweige denn ein solches Verfahren, obwohl sogar rechtskräftige Verurteilung vorlagen. Völlig zurecht, wie wir anmerken möchten, da ein soziales Geflecht, wie es das Vereinswesen zweifelsohne darstellt, elementar wichtig für die Resozialisierung verurteilter Straftäter ist.