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Montag, 30. Juni 2014

9-Punkte Plan forciert Aufbau eines DFB-Staates

Um auch über die Sommerpause hinweg unseren Puls konstant im oberen Bereich zu halten, veröffentlichte der DFB ein „9-Punkte-Papier“ aus dem Januar 2014, in welchem der Verband erneut seine Vorstellungen zur Ahndung von „Zuschauerfehlverhalten“, sowie sein eigenes Rechts- und Selbstverständnis offen legte (Download 9-Punkte-Plan).
In diesem Dokument macht er einmal mehr deutlich, dass ihm das für eine Demokratie so wichtige staatliche Rechtsprechungsmonopol - insbesondere das über Jahrhunderte gewachsene deutsche Straf- und Strafprozessrecht- nicht ausreicht, um in seinen Augen unerwünschtes „Zuschauerfehlverhalten“ zu unterbinden und vor allem zu bestrafen.

Vielmehr wird teilweise strafrechtlich irrelevanten und unzureichend definierten Verhaltensweisen wie z.B. „grob unsportliche Verunglimpfungen“ oder dem „Einsatz von Pyrotechnik“ der Kampf angesagt, indem der DFB nun erstmals die Vereine offen auffordert, die für solche Vorkommnisse von seinem DFB-Sportgericht ausgesprochenen Strafen an die vermeintlichen Täter weiterzureichen.

Ist eine solche Weitergabe der Verbandsstrafen an Privatpersonen schon aus verschiedenen rechtlichen Gründen äußerst fragwürdig, so zeigt die Forderung doch vor allem eines:
Der DFB akzeptiert die Grenzen und Möglichkeiten der staatlichen Rechtsordnung und die für eine Demokratie so wichtige Gewaltentrennung nicht.
Er selbst will festlegen, welche Verhaltensweisen gesellschaftlich akzeptabel und welche inakzeptabel und daher zu bestrafen sind. Er selbst will die (mittelbare) Bestrafung einzelner Privatpersonen über sein DFB-Sportgericht vornehmen. Und er selbst will die Höhe der Bestrafung festlegen.
Durch sein Vorgehen hat der DFB ein eigenes Rechtssystem errichtet, in welchem mit Hilfe eines (rechtswidrigen) Vertrages zu Lasten Dritter zwischen DFB und Vereinen ein faktisch eigenes Strafrecht des Verbandes geschaffen wird, welches die gängigen Bestrafungsmodelle des deutschen Strafrechts schon enthält: die Geldstrafe und den Freiheitsentzug in Form eines Stadionverbots.
Der Unterschied zum Recht der Bundesrepublik Deutschland liegt darin, dass im „Staate DFB“ die Bestrafung nicht durch ein unabhängiges, mit Volljuristen besetztes Gericht, nach Durchlaufen eines demokratisch legitimierten Prozesses und dem abschließenden Nachweis einer Schuld ausgesprochen wird. Vielmehr entscheiden dem DFB unterstellte juristische Laien mit ganz eigenen Vorstellungen von Recht und Unrecht über teilweise existenzvernichtende Strafen.

Hier überschreitet der DFB nicht nur seine Befugnisse als Verband, auch überschreiten die Vereine ihr Hausrecht. Dieses findet nämlich dort seine Grenzen, wo rechtsstaatliche Grundsätze unterlaufen werden.
Der DFB veranschaulicht mit dem Dokument eindrucksvoll seinen Wunsch nach einem (DFB-)Staat im Staate.
Ein Privatstaat, der Legislative und Judikative verquickt und das staatliche Strafmonopol missachtet.

Durch die ausdrückliche Verpflichtung der Vereine zur Ermittlung und Inregressnahme von „Tätern“ im Sinne des DFB-Rechtsverständnisses (Punkt 6) wird zudem ein noch größerer Keil zwischen die Vereine, die ihren Verpflichtungen gegenüber dem DFB gerecht werden müssen, und ihre Anhänger getrieben.

Weiterführende Links:

Artikel der Rot-Schwarze Hilfe zur Umlegung von Verbandsstrafen

Artikel des Kölsche Klüngel: Zuschauerfehlverhalten - theoretisch immer ausschließbar?!

Artikel der Blauen Hilfe: Denunziantentum oder das große Wunschdenken des DFB

Artikel der Rot-Weissen Hilfe zum 9-Punkte-Plan

Artikel der schwarz-gelben Hilfe zur privaten Tätersuche durch die Vereine

Mittwoch, 18. Juni 2014

Beschluss des Amtsgerichts Hannover gleicht einer schallenden Ohrfeige für Hannover 96

Wie bekannt ist, haben am Samstag, 05.04.2014, also einen Tag vor dem Derby, 86 Inhaber einer Auswärtsdauerkarte beim Amtsgericht Hannover eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe einer Eintrittskarte ohne verpflichtende Busanreise gestellt. Die diensthabende Richterin konnte darüber nicht mehr entscheiden, da die Anwälte von Hannover 96 einen Befangenheitsantrag gegen sie gestellt haben. Die Karten wurden somit von Hannover 96 nicht herausgegeben. Im Anschluss an das Derby wurde die Hauptsache für erledigt erklärt, es musste "nur" noch über die Kosten entschieden werden.

Das Amtsgericht Hannover hat nun im ersten Verfahren einen Beschluss erlassen; die Antragsgegnerin - in diesem Fall die Hannover 96 Sales&Service GmbH & Co. KG - muss alle Kosten tragen und hat somit den Rechtsstreit verloren, da die Verknüpfung der Kartenherausgabe mit Anreisezwang sowohl rechts- als auch vertragswidrig war.
Interessant in diesem Zusammenhang ist v.a. die Begründung des Amtsgerichts. In dieser steht unter anderem, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung "konnte nur aufgrund der nach Auffassung des Gerichts rechtsmissbräuchlichen Ablehnung der Bereitschaftsrichterin als Befangen nicht mehr rechtzeitig vor dem Spiel am Sonntag Nachmittag erlassen werden. Der Befangenheitsantrag diente ersichtlich nur dem Zweck, die drohende Eilentscheidung der Richterin zu verhindern."
Weiter heißt es: "Dies stellt unzweifelhaft eine rechtsmissbräuchliche Verwendung der Befangenheitsregelungen dar." Der Richter brachte ebenfalls zum Ausdruck, dass die Inhaber einer Auswärtsdauerkarte nach den zehn Parallelverfahren, die in der Woche vor dem Derby ebenfalls zu Gunsten der 96-Fans entschieden wurden, verständlicherweise davon ausgegangen waren, dass Hannover 96 nach diesen - aus ihrer Sicht verlorenen Verfahren - allen Inhabern einer Auswärtsdauerkarte die Eintrittskarte ohne Buszwang aushändigt. Hannover 96 hat sich bekanntlich allerdings nicht diesen gerichtlichen Entscheidungen angepasst, sondern stattdessen "ihr vertragswidriges Verhalten gegenüber dem Antragsteller" durchgesetzt.

Die Fanhilfe Hannover fordert Hannover 96 nach dieser herben Niederlage daher zum wiederholten Male auf, sich öffentlich und angemessen bei den treuesten seiner Fans - und als nicht anderes kann man die Personen bezeichnen, die sich nicht nur für Heimspiele, sondern auch für Auswärtsspiele eine Dauerkarte kaufen - zu entschuldigen.

Der Beschluss in den weiteren 85 identischen Verfahren steht noch aus.

Fanhilfe Hannover, 18.06.2014