Wie in der gestrigen Pressemitteilung erwähnt, wollen wir euch die
Möglichkeit geben, in Erfahrung zu bringen, ob ihr selbst in der
fragwürdigen SKB-Datenbank gespeichert seid und wenn ja, mit welchen
Daten. Dazu haben wir ein Formular vorbereitet, in das ihr lediglich
noch euren Namen, eure Adresse und euer Geburtsdatum eintragen müsst.
Außerdem solltet ihr der Polizeidirektion Hannover eine Frist zur
Bearbeitung setzen. Spätestens nach 3 Monaten solltet ihr eine Antwort erhalten. Vergesst
auf keinen Fall, das Formular zu unterschreiben und eine Kopie eures
Personalausweises (Vorder- und Rückseite!) beizulegen. Solltet ihr eine
Nachricht erhalten, dass ihr dort gespeichert seid, dann könnt ihr euch
gerne an uns wenden. Wir können euch berichten, wie andere Betroffene dagegen vorgegangen sind. Weiter empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen (zum Beispiel einmal jährlich) erneut eine Abfrage durchzuführen, um über neue Speicherungen informiert zu sein.
Das Formular findet ihr hier zum Download:
Auskunftsersuchen "Arbeitsdatei Szenekundige Beamte"
Nachfolgend noch einige Informationen zu der SKB-Datenbank, die
verdeutlichen sollen, warum jeder dort hineingeraten kann, egal ob er
oder sie in irgendeiner Form strafrechtlich oder ordnungswidrig in
Erscheinung getreten ist.
Die "Arbeitsdatei Szenekundige Beamte"
Seit wann die genannte SKB-Datenbank geführt wird, ist bisher nicht
gesichert bekannt. Wahrscheinlich ist allerdings, dass diese seit
mindestens Anfang der 2000er Jahre besteht. Darauf deuten entsprechend alte
Einträge hin. Der Öffentlichkeit wurde von dieser Datei nicht berichtet,
sodass es bisher zwar die theoretische Möglichkeit des
Auskunftsersuchens gab, diese aber praktisch nicht gegeben war. Rechtsanwalt Dr. Hüttl sprach daher im gestrigen Verfahren von einer "Geheimdatei". Die Fanhilfe Hannover hatte
seit inzwischen drei Jahren den Verdacht, dass eine solche Datei nicht
nur in Baden-Württemberg oder Berlin besteht (SKB-Datenbank in Baden-Württemberg und Datenbank Sportgewalt Berlin),
sondern auch in Niedersachsen. Seit ca. einem Jahr haben wir die Gewissheit, dass diese Datei
existiert. In ersten Auskunftsersuchen wollte die verantwortliche
Polizeidirektion allerdings lediglich einen Teil der gespeicherten Daten
preisgeben. Erst nach mehreren anwaltlichen Briefwechseln kam sie dem
Auskunftsersuchen vollumfänglich nach. Interessant in diesem
Zusammenhang ist auch, dass die aktuelle Rechtsgrundlage der Datei erst
seit Sommer 2014 existiert und somit erst nach Einreichung der Klage. Ähnlich wie die Verbunddatei "Gewalttäter Sport" wurde also auch
diese Arbeitsdatei - so konnte man es im Verfahrensverlauf interpretieren - jahrelang ohne gültige Rechtsgrundlage geführt.
Geführt wird die SKB-Datenbank bezogen auf den Standort Hannover bei der
Polizeiinspektion West, der die "szenekundigen" Beamten zugeordnet
sind. Nach unseren Kenntnissen bestehen ähnliche Dateien in Wolfsburg
und in Braunschweig. Gespeichert sind in dieser Datei nicht nur Anhänger
von Hannover 96, sondern auch von anderen Vereinen. Im gestrigen Verfahren wurde z.B. der FC Wunstorf genannt. Betroffen sein dürften also auch Fans des TSV Havelse oder Eishockeyfans der hannoverschen Vereine.
Nicht nur Personen, die sicherheitsrelevant im Zusammenhang mit
Sportveranstaltungen in Erscheinung getreten sind, werden in dieser
Datei gespeichert, sondern auch Kontakt- und Begleitpersonen
der erstgenannten Personengruppe. Es ist für das Speichern
innerhalb dieser Datei also völlig irrelevant, ob sich jemand
gesetzestreu verhält oder nicht. Wollen die "szenekundigen" Beamten die
Daten einer Person dauerhaft speichern, so ist es für sie ein Leichtes,
einen Grund zu finden.
Gespeichert werden neben den Personalien und Fotos u.a.
Personalienfestellungen, Informationen zu Ermittlungsverfahren,
Gefährderansprachen, Spitznamen sowie darüber hinaus frei
zugängliche Daten aus dem Internet. Besonders der letzte Punkt macht also
auch noch einmal deutlich, dass die Polizei nicht davor zurückschreckt
auch private Details zu recherchieren. Hier ist aber auch jeder einzelne
von euch gefragt: Privates ist und bleibt privat. Persönliche Dinge
haben im Internet (z.B. bei Facebook oder Instagram!) nichts zu suchen. Aus anderen Städten wissen wir, dass die Polizei teilweise auch Aufenthaltsorte (zusätzlich zum Wohnort!) und genutzte Fahrzeuge (nicht nur eigene, auch das der Freundin oder Oma!) ausgespäht hat. Es ist daher zu befürchten, dass auch solche Details in der Datei stehen können.
Die Polizeidirektion Hannover gibt zwar an, diese Datei nur intern zu
führen, allerdings konnte sie im gestrigen Gerichtsverfahren auch nicht
widersprechen, dass Erkenntnisse aus dieser Datei an die Verbunddatei
"Gewalttäter Sport" weitergeleitet werden. Die Probleme, die durch eine -
häufig ungerechtfertigte - Eintragung in der Datei "Gewalttäter Sport"
entstehen können, legen wir im entsprechenden Text auf unserem Blog dar
(Datei "Gewalttäter Sport").
Die Löschungsfristen richten sich laut Verfahrensbeschreibung nach dem
Nds. SOG. Hier heißt es zunächst, dass Daten dann zu löschen sind, wenn
ihre Speicherung zum Zwecke der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung
nicht mehr erforderlich ist. Ob die Daten gelöscht werden müssen, wird
bei Erwachsenen in einem regelmäßigen Abstand von 10 Jahren geprüft. Konkret heißt das: Wenn niemand vorher auf die Rechtswidrigkeit der weiteren
Speicherung stößt, können die Daten zunächst mindestens 10 Jahre
gespeichert werden - wird bei einer Überprüfung nach der
Zehn-Jahres-Frist festgestellt, dass die Speicherung weiter erforderlich
ist, können die Daten aber trotzdem noch weiter gespeichert bleiben.
Erwähnenswert ist hier auch, dass es keine
automatisierte Prüfung und Löschung in der Datenbank gibt, sondern diese
manuell durch die Beamten durchgeführt werden müssen. Der Arbeitsaufwand,
bei geschätzt 600 Eintragungen, regelmäßig die Löschung der Daten zu
überprüfen, scheint riesig; daher ist auch fraglich, ob bei der Löschung
in der Praxis überhaupt die Vorgaben des Nds. SOG befolgt werden.