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Freitag, 27. März 2015

Auskunftsersuchen: "Arbeitsdatei Szenekundige Beamte"

Wie in der gestrigen Pressemitteilung erwähnt, wollen wir euch die Möglichkeit geben, in Erfahrung zu bringen, ob ihr selbst in der fragwürdigen SKB-Datenbank gespeichert seid und wenn ja, mit welchen Daten. Dazu haben wir ein Formular vorbereitet, in das ihr lediglich noch euren Namen, eure Adresse und euer Geburtsdatum eintragen müsst. Außerdem solltet ihr der Polizeidirektion Hannover eine Frist zur Bearbeitung setzen. Spätestens nach 3 Monaten solltet ihr eine Antwort erhalten. Vergesst auf keinen Fall, das Formular zu unterschreiben und eine Kopie eures Personalausweises (Vorder- und Rückseite!) beizulegen. Solltet ihr eine Nachricht erhalten, dass ihr dort gespeichert seid, dann könnt ihr euch gerne an uns wenden. Wir können euch berichten, wie andere Betroffene dagegen vorgegangen sind. Weiter empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen (zum Beispiel einmal jährlich) erneut eine Abfrage durchzuführen, um über neue Speicherungen informiert zu sein.

Das Formular findet ihr hier zum Download:

Auskunftsersuchen "Arbeitsdatei Szenekundige Beamte"


Nachfolgend noch einige Informationen zu der SKB-Datenbank, die verdeutlichen sollen, warum jeder dort hineingeraten kann, egal ob er oder sie in irgendeiner Form strafrechtlich oder ordnungswidrig in Erscheinung getreten ist.

Die "Arbeitsdatei Szenekundige Beamte"

Seit wann die genannte SKB-Datenbank geführt wird, ist bisher nicht gesichert bekannt. Wahrscheinlich ist allerdings, dass diese seit mindestens Anfang der 2000er Jahre besteht. Darauf deuten entsprechend alte Einträge hin. Der Öffentlichkeit wurde von dieser Datei nicht berichtet, sodass es bisher zwar die theoretische Möglichkeit des Auskunftsersuchens gab, diese aber praktisch nicht gegeben war. Rechtsanwalt Dr. Hüttl sprach daher im gestrigen Verfahren von einer "Geheimdatei". Die Fanhilfe Hannover hatte seit inzwischen drei Jahren den Verdacht, dass eine solche Datei nicht nur in Baden-Württemberg oder Berlin besteht (SKB-Datenbank in Baden-Württemberg und Datenbank Sportgewalt Berlin), sondern auch in Niedersachsen. Seit ca. einem Jahr haben wir die Gewissheit, dass diese Datei existiert. In ersten Auskunftsersuchen wollte die verantwortliche Polizeidirektion allerdings lediglich einen Teil der gespeicherten Daten preisgeben. Erst nach mehreren anwaltlichen Briefwechseln kam sie dem Auskunftsersuchen vollumfänglich nach. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass die aktuelle Rechtsgrundlage der Datei erst seit Sommer 2014 existiert und somit erst nach Einreichung der Klage. Ähnlich wie die Verbunddatei "Gewalttäter Sport" wurde also auch diese Arbeitsdatei - so konnte man es im Verfahrensverlauf interpretieren - jahrelang ohne gültige Rechtsgrundlage geführt.

Geführt wird die SKB-Datenbank bezogen auf den Standort Hannover bei der Polizeiinspektion West, der die "szenekundigen" Beamten zugeordnet sind. Nach unseren Kenntnissen bestehen ähnliche Dateien in Wolfsburg und in Braunschweig. Gespeichert sind in dieser Datei nicht nur Anhänger von Hannover 96, sondern auch von anderen Vereinen. Im gestrigen Verfahren wurde z.B. der FC Wunstorf genannt. Betroffen sein dürften also auch Fans des TSV Havelse oder Eishockeyfans der hannoverschen Vereine.

Nicht nur Personen, die sicherheitsrelevant im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen in Erscheinung getreten sind, werden in dieser Datei gespeichert, sondern auch Kontakt- und Begleitpersonen der erstgenannten Personengruppe. Es ist für das Speichern innerhalb dieser Datei also völlig irrelevant, ob sich jemand gesetzestreu verhält oder nicht. Wollen die "szenekundigen" Beamten die Daten einer Person dauerhaft speichern, so ist es für sie ein Leichtes, einen Grund zu finden.

Gespeichert werden neben den Personalien und Fotos u.a. Personalienfestellungen, Informationen zu Ermittlungsverfahren, Gefährderansprachen, Spitznamen sowie darüber hinaus frei zugängliche Daten aus dem Internet. Besonders der letzte Punkt macht also auch noch einmal deutlich, dass die Polizei nicht davor zurückschreckt auch private Details zu recherchieren. Hier ist aber auch jeder einzelne von euch gefragt: Privates ist und bleibt privat. Persönliche Dinge haben im Internet (z.B. bei Facebook oder Instagram!) nichts zu suchen. Aus anderen Städten wissen wir, dass die Polizei teilweise auch Aufenthaltsorte (zusätzlich zum Wohnort!) und genutzte Fahrzeuge (nicht nur eigene, auch das der Freundin oder Oma!) ausgespäht hat. Es ist daher zu befürchten, dass auch solche Details in der Datei stehen können.

Die Polizeidirektion Hannover gibt zwar an, diese Datei nur intern zu führen, allerdings konnte sie im gestrigen Gerichtsverfahren auch nicht widersprechen, dass Erkenntnisse aus dieser Datei an die Verbunddatei "Gewalttäter Sport" weitergeleitet werden. Die Probleme, die durch eine - häufig ungerechtfertigte - Eintragung in der Datei "Gewalttäter Sport" entstehen können, legen wir im entsprechenden Text auf unserem Blog dar (Datei "Gewalttäter Sport").

Die Löschungsfristen richten sich laut Verfahrensbeschreibung nach dem Nds. SOG. Hier heißt es zunächst, dass Daten dann zu löschen sind, wenn ihre Speicherung zum Zwecke der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung nicht mehr erforderlich ist. Ob die Daten gelöscht werden müssen, wird bei Erwachsenen in einem regelmäßigen Abstand von 10 Jahren geprüft. Konkret heißt das: Wenn niemand vorher auf die Rechtswidrigkeit der weiteren Speicherung stößt, können die Daten zunächst mindestens 10 Jahre gespeichert werden - wird bei einer Überprüfung nach der Zehn-Jahres-Frist festgestellt, dass die Speicherung weiter erforderlich ist, können die Daten aber trotzdem noch weiter gespeichert bleiben. Erwähnenswert ist hier auch, dass es keine automatisierte Prüfung und Löschung in der Datenbank gibt, sondern diese manuell durch die Beamten durchgeführt werden müssen. Der Arbeitsaufwand, bei geschätzt 600 Eintragungen, regelmäßig die Löschung der Daten zu überprüfen, scheint riesig; daher ist auch fraglich, ob bei der Löschung in der Praxis überhaupt die Vorgaben des Nds. SOG befolgt werden.