Bisher drehten sich die Gerichtsverfahren bezüglich des Derbys im April
2014 um die Auswärtsdauerkarteninhaber, die zu einer Busanreisegezwungen
wurden, obwohl sie ein Anrecht auf eine Eintrittskarte ohne damit
verbundene verpflichtende Busanreise hatten. Rund zehn Verfahren hatte
Hannover 96 vor dem Spiel verloren, weitere knapp 90 Verfahren konnte
Hannover 96 durch einen Befangenheitsantrag verzögern, den das
Amtsgericht im Nachgang als rechtsmissbräuchlich bezeichnet hat. Über
diese Verfahren wurde ausgiebig berichtet und sie dürften dem
interessierten Fan und Journalisten bekannt sein.
Heute können wir euch aber von einem neuen Kapitel des letztjährigen
Rückspiels in Braunschweig berichten. Auch mindestens ein Fan, der
mitden Bussen nach Braunschweig gefahren ist, hat Hannover 96 verklagt,
da in den Bussen unerträgliche Zustände herrschten. Hannover 96
versäumte es, ausreichend Reisebusse für die Fahrt zur Verfügung zu
stellen. Daher mussten allerhand Linienbusse der RegioBus GmbH
eingesetzt werden. Abgesehen von fehlenden Gurten (was u.a. zu einer
geringen Reisegeschwindigkeit führte) haben diese Busse bekanntlich
keine Toilette. Das wäre kein Problem gewesen, wenn die Busse
zwischendurch eine Pause gemacht hätten - seitens des Veranstalters
Hannover 96 war dies allerdings nicht vorgesehen und so mussten die
Fahrgäste teilweise zwei Stunden ohne Toilette auskommen. Die daraus
entstehenden Schmerzen können sich die meisten Auswärtsfahrer vermutlich
vorstellen.
Der besagte 96-Fan hat daraufhin die Hannover 96 Sales & Service
GmbH & Co. KG zur Zahlung von Schadensersatz in Form von
Schmerzensgeld aufgefordert, da die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft
die Gesundheit des Fans (und auch vieler weiterer Betroffener)
geschädigt hat. Da es außergerichtlich zu keiner Einigung kam, wurde
gemeinsam mit Rechtsanwalt Steffen Hellemann die entsprechende Klage
beim Amtsgericht Hannover eingereicht. Das Amtsgericht ist der
Argumentation des 96-Fans weitestgehend gefolgt und hat beiden Seiten
einen Vergleich vorgeschlagen. Hannover 96 muss dem klagenden Fan laut
Beschluss vom 02.03.2015 einen Betrag von 150,00 € zahlen und zusätzlich die Hälfte seiner außergerichtlichen anwaltlichen Kosten tragen. Dieser Vergleichsvorschlag ist von Hannover 96 und dem Fan angenommen worden.
Dieses Verfahren zeigt erneut, was für ein Desaster die Zwangsbusanreise
rückblickend für Hannover 96 darstellt. Vor Gericht gab es
ausschließlich Niederlagen, Gesamtkosten im mittleren fünfstelligen
Bereich sind entstanden und das Verhältnis zur Fanszene ist nachhaltig
zerstört worden. Ins Fäustchen lachen wird sich lediglich der
Innenminister, der die gesamte Anreise initiiert hat und der der
Öffentlichkeit davon berichtet, dass sein Konzept vermeintlich für einen
gewaltfreien Spieltag gesorgt hat. Dass tatsächlich nicht ein
Polizeibeamter weniger bei diesem Spiel eingesetzt werden konnte und es
stattdessen zu einer Verlagerung der Konfliktfelder und einer für die
Polizeikräfte schwieriger zu überblickenden Lage kam, wird dabei bewusst
übersehen. Wir möchten daher an dieser Stelle noch einmal appellieren,
dass es eine Zwangsanreise zu einem Fußballspiel in Deutschland nie
wieder geben darf! Bei einer solchen Anreise kann es nur Verlierer
geben, das hat der 6. April 2014 eindrucksvoll bewiesen.