Mittwoch, 24. April 2024

Pressemitteilung: Ergebnisse des Arbeitstreffens per Direktive aus dem Innenministerium. Fanhilfe Hannover entsetzt über vorherrschenden Populismus.

„Entgegen ihrer eigenen Ankündigungen hat Frau Behrens zum wiederholten Male gezeigt, wie egal ihr die Fankurven und Fankultur in Gänze sind. Wir haben im deutschen Profifußball weiterhin die sichersten Stadien der Welt und bedauern sehr, dass die Innenministerin sich aus eigenem Profilierungsdrang so leichtfertig als Treiberin einer von Populismus geführten Debatte hingibt. Das Zustandekommen des heutigen Ergebnisses zeigt bereits, dass es von Beginn an lediglich um eine Direktive aus dem Innenministerium, statt um einen lösungsorientierten und auf Augenhöhe geführten Prozess ging.“ sagt Paula Mundt, Sprecherin der Fanhilfe Hannover.

Nach Informationen aus dem Niedersächsischen Innenministerium standen bereits im Vorfeld die Ergebnisse des heutigen "Arbeitstreffens" durch Telefonate zwischen Daniela Behrens und Vertretern der Profifußballgesellschaft (u.a. Martin Kind) am Montag fest. Martin Kind wird aus diesem Grund zudem auch nur der gemeinsamen Presseerklärung beiwohnen, wie bereits bekannt wurde. 

Die Fanhilfe Hannover kritisiert an dieser Stelle auch den nicht bestehenden Club-Fan-Dialog zwischen der Profigesellschaft von Hannover 96 und der Fanszene, der dahingehend zu einer ausgewogenen Wahrnehmung der Interessenlage hätte führen können.  

Die Fanhilfe Hannover lehnt Kollektivstrafen in Gänze ab. Aufgabe des Rechtsstaates ist es, potentielle Täter zu ermitteln und einem fairen Rechtssystem zuzuführen. Kollektivstrafen, wie die heute diskutierten Gästefanausschlüsse, sowie personalisierte Tickets sind weder zweck- noch verhältnismäßig. Sie offenbaren lediglich die Unfähigkeit der politisch Verantwortlichen, sich mit komplexen Sachverhalten im Bereich der Fankultur auseinanderzusetzen oder verdeutlichen das überhebliche Desinteresse an der Materie.

"Niemand würde bei der vorherrschenden Datenlage in anderen Bereichen beispielsweise ein Alkoholverbot auf Volksfesten oder ein Fahrverbot für Motorradfahrer fordern. Das heutige Ergebnis offenbart leider deutlich die Fehlbesetzung des Postens der Niedersächsischen Innenministerin. Mit ihrem unbedachten und realitätsfernen Handeln vertieft Daniela Behrens die Gräben zwischen Politik und Fanszenen weiter. Die Art und Weise, in der aktuell konsequent Fakten, Fanorganisationen, sowie sozialpädagogische bzw. wissenschaftliche Facheinschätzungen ignoriert werden, sind einer seriösen und zielführenden Diskussion nicht nur abträglich, sondern fördern eine weitere Eskalation. Daniela Behrens als oberste Dienstherrin der Polizeien gilt hier aufgrund der Natur der Sache in den Augen vieler gesprächsbereiter Fanvertreter schon tendenziell als befangen. Dass Frau Behrens allerdings derart offensichtlich ein Schwarz-Weiß-Bild zeichnet, um sich auf dem Rücken von tausenden Fußballfans mit vermeintlichen politischen Erfolgen zu profilieren, ist auch für uns nicht mehr akzeptabel. Sollte Daniela Behrens tatsächlich interessiert an einer lösungsorientierten Debatte sein, so erwarten wir eine umgehende Rücknahme der heutigen Ergebnisse und ein klares Bekenntnis zu Fankultur. Es war, wie bereits mehrfach von uns geäußert (https://fanhilfehannover.blogspot.com/2024/03/pressemitteilung-die-fanhilfe-hannover.html), 5 nach 12. Mit dem heutigen Tag stehen wir und andere Fanorganisationen ohne eine deutliche Bewegung in Richtung der Fankurven für Gespräche nicht mehr zur Verfügung." fährt Mundt fort.

Laut Datenlage der Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) strömten in der abgelaufenen Spielzeit 2022/2023 rund 26,5 Mio. Zuschauer in die Stadien der ersten drei Ligen inklusiver aller Pokal- und UEFA-Begegnungen. Hierbei gab es 1.176 verletzte Personen, was in relativen Zahlen 0,00444% sind. In diesen Zahlen werden Verletzte durch Polizeieinsätze (z.B. durch die Anwendung durch Pfefferspray) nicht gesondert erfasst. Dies bemängeln Fanhilfen bereits seit vielen Jahren. Daniela Behrens hätte sich hier im Zuge der IMK/SMK selbst für mehr Transparenz der Datenlage einsetzen können.

„Wir sprechen von einem absolut sicheren Stadionerlebnis in allen deutschen Ligen. Selbst im Rahmen der Fanproteste dieser Saison zeigten die Fankurven eindrucksvoll, wie sie über Wochen hinweg kreativ und verantwortungsvoll Gehör für ihre Forderungen erlangen können. Während in vielen anderen Ländern der Welt über die Rahmenbedingungen für eine (Teil-)Legalisierung von Pyrotechnik diskutiert wird, sitzt eine Innenministerin aus Bremerhaven ernsthaft dem Irrglauben auf, mit theoretischen Maximen ohnehin stattfindende Vorgänge zu kriminalisieren. Wir hätten einer SPD-Politikerin dahingend tatsächlich mehr Zeitgeist zugetraut. In Bezug auf die Spiele von Hannover 96 können wir in keiner Art und Weise die Hysterie der Innenministerin nachvollziehen. Im Gegenteil. Zu einer Saison gehören nicht nur die beiden Derbybegegnungen, sondern auch mindestens 32 weitere Spiele. Die Polizei selbst hatte nach beiden Spielen der laufenden Saison ein positives Fazit gezogen. Der Blick für das große Ganze ist allerdings bei der Innenpolitik abhanden gekommen. Es wäre tatsächlich von großem Vorteil gewesen, wenn eine Versachlichung stattgefunden hätte. Auch die Fankurven als mündige Bürger hätten gerne ihre Forderungen, die es zu erfüllen gilt, platziert. Stattdessen hat es die Innenpolitik geschafft, vereinsübergreifend Fans aller Vereine gegen sich aufzubringen. Ein zielführendes Handeln lässt sich daher auch weiterhin nicht bei Daniela Behrens erkennen, was sie als verlässliche Gesprächspartnerin für Fanorganisationen bedauerlicherweise ausschließt. Wir werden in den kommenden Wochen aktiv die Fanszene Hannover in ihrem Handeln beraten und bestärken, gegen die  Maßnahmen tätig zu werden.“ sagt Paula Mundt.

Fanhilfe Hannover, 24.04.2024