Dienstag, 16. März 2021

Pressemitteilung: Tagelange präventive Ingewahrsamnahme rechtswidrig. Polizei Hannover muss Klägerin der Fanhilfe Hannover Schadenersatz zahlen.

Am 04.11.2016 setzte die niedersächsische Polizei an einem Freitagabend 177 Personen aus der Fanszene von Hannover 96 in der Nähe von Hildesheim fest und nahm diese für zwei Tage in präventives Polizeigewahrsam.

Die Polizei begründete diese freiheitsentziehende Maßnahme mit einer vermeintlich unmittelbar bevorstehenden Drittortauseinandersetzung zwischen Fans von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig, deren Bezugsvereine am 06.11.2016 gegeneinander spielen würden. Die Fanhilfe Hannover legte für ein Mitglied Klage gegen die Maßnahme ein. (Aktenzeichen OVG Niedersachsen - 11 LB 108/18)

Im Zuge der Beweisaufnahme stellte sich heraus, dass die Polizei, nicht wie ursprünglich behauptet, keine Erkenntnisse über die Anwesenheit oder Bewegung von Fans des Braunschweiger Vereins hatte. Tatsächlich berichteten die als Zeugen gehörten Beamten, dass keiner der Kollegen, die den gesamten Stadtbereich Hildesheim „im Auge hatten“ überhaupt Braunschweiger Fans in Hildesheim festgestellt hatte. Belege für eine unmittelbare Auseinandersetzung lagen daher nicht vor.

Daneben waren auch die Fragen zur Verhältnismäßigkeit, des Umfanges und der Dauer der freiheitsentziehenden Maßnahme sowie die Art und Weise der Unterbringung Gegenstand des Verfahrens.

Beklagt wurde insbesondere, dass eine Vielzahl der von der Polizei Hannover belegten Zellen nicht den europäischen Standards zur Unterbringung von Gefangenen entsprach. Über die entsprechenden Unzulänglichkeiten hatte z.B. die Hannoversche Allgemeine Zeitung bereits im Jahr 2012 berichtet (https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Ein-Blick-hinter-Hannovers-Gitter).

Was wir hier erlebt haben, war eine staatlich initiierte Stigmatisierung von Fußballfans basierend auf bloßen Vermutungen der Polizeiführung. Besorgniserregend ist dahingehend auch die Rolle einiger Medienvertreter*innen, die sich willfährig in ihrer Berichterstattung den Thesen der Polizei Hannover hingaben.“ sagt ein Prozessbeobachter der Fanhilfe Hannover.
 

Im weiteren Verlauf folgte letztlich auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht dem Klagevortrag von Fanhilfe Anwalt Dr. Andreas Hüttl und stellte fest, dass bereits keine Tatsachen vorgelegen haben, die die bemühte Prognose der Polizeidirektion stützen würden. Hiernach wurde bereits die Anordnung der Ingewahrsamnahme als rechtswidrig angesehen und der Klage stattgegeben. Auf die Art und Weise der Unterbringung kam es insoweit nicht mehr an.

Im Anschluss an die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme vom 04.11.2016 bis 06.11.2016 machte das Mitglied der Fanhilfe Hannover über Rechtsanwalt Dr. Andreas Hüttl zudem Schadenersatz in vierstelliger Höhe gegen die Polizeidirektion Hannover geltend. Der Anspruch wurde als begründet erachtet und vollumfänglich beglichen.

Seit Jahren klagt die Polizei über mangelnde Akzeptanz in der Gesellschaft und über ihre Wahrnehmung als Feindbild. Die Polizei täte gut daran, sich und ihr Handeln vor rechtsstaatlichen Grundsätzen zu reflektieren. Durch derartige rechtswidrige Maßnahmen wird die Akzeptanz der Polizei bei den Bürger*innen weiter schwinden. Erst recht dann, wenn verantwortungslos auch noch Steuergelder für Prozess- und Schadenersatzkosten aufgebracht werden müssen.“ führt ein anderer Prozessbeobachter fort.

Die Fanhilfe Hannover fordert daher den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius als Dienstherren auf, umgehend das rechtskräftige Urteil zum Anlass zu nehmen, personelle Konsequenzen zur Wiederherstellung der Integrität seiner Behörden zu ziehen. Eine kritische Aufarbeitung der rechtswidrigen Maßnahme, eine sachgemäße Ausbildung der Mitarbeiter*innen im polizeilichen Dienst, sowie eine Abkehr der jahrelangen fanfeindlichen Alibipolitik wären diesbezüglich ein Schritt in die richtige Richtung.

Fanhilfe Hannover, 16.03.2021

Montag, 22. Februar 2021

Erfolg eines Mitglieds der Fanhilfe Hannover gegen die Bundespolizei offenbart eklatante Missstände bei Ermittlungsbehörden als auch der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach

Im Zuge des Auswärtsspiels Borussia Mönchengladbach gegen Hannover 96 am 30. September 2017 wurden Fans durch die Bundespolizei an der Anreise gehindert und zur Rückkehr gezwungen.

(http://fanhilfehannover.blogspot.com/2017/09/96-fans-von-bundespolizei-nach.html)

Ein hieraus resultierendes Gerichtsverfahren gegen ein Mitglied der Fanhilfe Hannover wurde Ende 2020 nun – nach insgesamt drei Hauptverhandlungstagen - eingestellt.

Der Anhänger erlitt im Zusammenhang mit den durchgeführten Maßnahmen durch einen gezielten Faustschlag eines Polizeibeamten Gesichts- und Thoraxprellungen sowie ein Schädelhirntrauma und wurde stationär im Krankenhaus behandelt.

Die Bundespolizei leitete gegen den betroffenen Fan zudem noch ein Verfahren wegen Widerstandes und mehrfacher Beleidigung ein. Hieraus resultierten die Verhandlungen beim zuständigen Amtsgericht Mönchengladbach.

Bereits an den ersten beiden Verhandlungstagen am 25.02.2019, sowie dem 09.09.2019, musste die Verhandlung wegen der zuvor unvollständig gewährten Akteneinsicht unterbrochen und vertagt werden. Es drängte sich der nachvollziehbare Verdacht auf, dass die Bundespolizeidirektion im Zuge der Zusammenstellung der Akten Beweismittel zurückgehalten und dem Verteidiger, Dr. Andreas Hüttl nicht zugänglich gemacht hatte. So teilte der am ersten Verhandlungstag vernommene Einsatzleiter mit, dass sich die vollständigen Videoaufzeichnungen bei einer anderen Dienststelle befinden würden. Zum zweiten Verhandlungstag erfolgte dann die Mitteilung, dass die Videobänder bei der Dienststelle des am ersten Verhandlungstag vernommenen Einsatzleiter befinden würden.

Auch bei den vermeintlich belastenden Beweismitteln gab es vielfache Ungereimtheiten. Der Verteidiger des betroffenen Fanhilfe-Mitglieds beantragte daraufhin am zweiten Prozesstag eine Durchsuchung der Bundespolizeidirektion, um die Vollständigkeit der Beweismittel sicherzustellen.

Aus den vorhandenen Videobändern ergab sich, dass die eingesetzten Polizeikräfte mehrfach vollkommen unverhältnismäßige, grundlose Gewalt gegen die anreisenden Fans ausgeübt haben. Im Zusammenhang mit den dokumentierten Verletzungen des Fanhilfe-Mitglieds und dem nicht übereinstimmenden Geschehensablauf im Kontext der polizeilichen Aussagen, ergaben sich klare Hinweise, dass der Angeklagte tatsächlich viel eher Opfer von Polizeigewalt wurde.

Aus diesem Grund wurde schon vor Beginn des ersten Termins vor dem Amtsgericht Mönchengladbach für den betroffenen Fan von Hannover 96 über seinen Verteidiger Anzeige gegen die Einsatzkräfte wegen Körperverletzung im Amt, ebenfalls bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach, gestellt.

Eine Nachfrage am ersten Verhandlungstag erbrachte jedoch, dass die Strafanzeige dort nicht bearbeitet, ja noch nicht einmal ein entsprechendes Verfahren eingeleitet wurde.

Eine Dienstaufsichtsbeschwerde sowie die Anregung nun ein Ermittlungsverfahren gegen den sachbearbeitenden Staatsanwalt wegen dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt erbrachte die Auskunft, dass die Strafanzeige über fast ein Jahr „leider übersehen wurde“. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Als dritter Verhandlungstag wurde der 01.10.2020 angesetzt. Aufgrund der weiterhin unzureichenden Beweislage – die angefertigten Videoaufzeichnungen, die belegen konnten, dass der Fan grundlos geschlagen und sich der Verhaftung nicht widersetzt hat, waren nun endgültig im Nirwana der Polizeilichen Datenbanken verschwunden –  machte der Richter der anwesenden Staatsanwaltschaft den Vorschlag bereits vor Beginn der Beweisaufnahme das Verfahren einzustellen, die Staatsanwaltschaft stimmte diesem Vorschlag zu.

Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen (Verteidigerkosten) für insgesamt drei Verhandlungstage wurden der Landeskasse NRW auferlegt.

Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, dass es sich mehr denn je auszahlt als Betroffener eine juristische Konfrontation mit einem langen Atem nicht zu scheuen.

In diesem Zuge fordert die Fanhilfe Hannover erneut die politischen Verantwortungsträger auf, unabhängige Ermittlungsstellen bei der Polizei der Länder und der Bundespolizei einzurichten.

„Es sind eklatante handwerkliche Fehler, die sich im Zuge der Ermittlungen gegen Fußballfans immer wiederholen. Von selektiver Beweiszusammenstellung bis hin zu einer rein belastenden, statt be- und entlastenden Ermittlung.“ fasst es ein Prozessbeobachter der Fanhilfe Hannover zusammen.


Fanhilfe Hannover, 22.02.2021

Montag, 1. Februar 2021

Fanhilfe Hannover kritisiert erneut mangelnde journalistische Sorgfaltspflicht der HAZ

Mit großer Verwunderung hat die Fanhilfe Hannover den Artikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 30.01.2021 sowie aus der Printausgabe vom 01.02.2021 zur Kenntnis genommen und kritisiert die darin nicht erkennbare journalistische Sorgfaltspflicht.

Beide Artikel berufen sich auf eine Pressemitteilung der Polizei Hannover. In dieser wird vermutet, dass es eine Drittortauseinandersetzung zwischen Anhänger*innen verschiedener Fußballvereine in der Region Hannover gegeben haben könnte und Personalien von mehreren Personen festgestellt wurden. Weiterführend ist darin kein Zusammenhang zu der Fanszene von Hannover 96 genannt. Auch in dem am 01.02. erschienenen Printartikel zitiert die HAZ einen Behördensprecher dahingehend, dass sich keine Personen aus der Fanszene von Hannover 96 unter den Kontrollierten befanden.

Der Redakteur Peer Hellerling offenbart unterdessen auf eindrucksvolle Weise, weshalb vielerorts der Lokaljournalismus in einer Krise steckt und oftmals mangels faktenorientierter Recherche nur noch selten zahlende Abnehmer*innen für seine Erzeugnisse findet.

Die weiterführende selektive und unvollständige Presseberichterstattung, in Einheit mit der Verlinkung vollkommen aus dem Kontext fallender Ereignisse, lässt hier nur die Schlussfolgerung zu, dass gezielt versucht wird einen Spannungsbogen in Hinblick auf die anstehende Partie der Vereine aus Hannover und Braunschweig zu erzeugen. Das Hinspiel hatte Hannover 96 4:1 gewonnen.

Wie selektiv und unvollständig Informationen wiedergegeben werden, wird u.a. am Beispiel der vom Redakteur Peer Hellerling zitierten 36 Vereinsausschlüsse deutlich. Diese erfolgten rechtswidrig und wurden in mehreren Instanzen als solches auch gerichtlich eingestuft. (Vgl.:
http://fanhilfehannover.blogspot.com/2019/02/vereinsausschluss-rechtswidrig-erneute.html
http://fanhilfehannover.blogspot.com/2019/02/fanhilfe-hannover-begrut-vollstandige.html)


Ebenfalls lässt die Verlinkung auf insgesamt sechs(!) willkürlich in den Zusammenhang mit den vermeintlichen Ereignissen des 30.01.2021 gebrachten Artikeln der HAZ eindeutig darauf schließen, dass es in dem Artikel mehr denn je um Clickbaiting als um eine faktenbasierte und neutrale Berichterstattung geht.

Die Fanhilfe Hannover hatte bereits in den vergangenen Jahren mehrfach erfolgreich Beschwerden gegen zahlreiche Print- und Online-Medien beim deutschen Presserat eingereicht.

Auch in diesem Fall wird die Fanhilfe Hannover etwaige Schritte prüfen und zur Anwendung bringen.

Fanhilfe Hannover, 01.02.2021