Montag, 4. Dezember 2017

Was tun bei einer Beschuldigtenvorladung?

Dass man als Beschuldigter das Recht hat, zu Schweigen, ist den meisten Betroffenen bekannt. Für Verwirrung sorgt dann aber oft ein Hinweis auf der Beschuldigtenvorladung, den wir anhand einer verwendeten Formulierung der Bundespolizeidirektion Hannover besprechen wollen.

In der Vorladung heißt es:

„Sollten Sie zum oben genannten Termin verhindert sein, bitte ich Sie um eine telefonische oder schriftliche Mitteilung an die oben genannte Dienststelle.“

Solltet ihr an dem Termin verhindert sein beziehungsweise ihn nicht wahrnehmen (dazu später), könnt ihr natürlich so freundlich sein und absagen. Müsst ihr aber nicht. Kann man auch gut sein lassen.

Weiter heißt es:
„Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass andernfalls – wenn Sie zu dem angegebenen Termin nicht erscheinen – nach der geltenden Rechtslage unterstellt werden kann, dass Sie von Ihrem Recht, zu der Beschuldigung Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch machen wollen. Diese Entscheidung steht Ihnen frei. Sie sollten jedoch berücksichtigen, dass Ihnen vor dem Abschluss der Ermittlungen nicht nochmals Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden muss, auch nicht durch einen Staatsanwalt oder einen Richter.“

Auf den ersten Blick klingt es also, als ob die Nichtwahrnehmung des Termins negative Konsequenzen für euch haben könnte. Das ist jedoch so nicht richtig.

Als Beschuldigte habt ihr das Recht zu Schweigen. Unter Strafverteidigern sagt man sogar, dass Schweigen das „schärfste Schwert der Verteidigung“ ist. Zwar ist die Polizei verpflichtet, sowohl be-, als auch entlastende Tatsachen zu ermitteln. In der Realität sieht das aber oft anders aus. Die erste Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei lohnt sich, außer in absoluten Ausnahmefällen, nicht. Wenn überhaupt solltet ihr euch erst nach erfolgter Akteneinsicht und nach Rücksprache mit einem Strafverteidiger äußern. Von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch zu machen ist also auf keinen Fall etwas schlechtes.

Auch der Passus, dass euch als Beschuldigtem nicht mehr die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss, ist irreführend.
Es stimmt, dass euch während des Ermittlungsverfahrens keine Gelegenheit gegeben werden muss. Allerdings könnt ihr euch jederzeit selbständig äußern, euer Anwalt kann ein Schreiben verfassen, ihr könnt sogar unangekündigt auf der Wache auftauchen und Angaben zur Sache machen. Das Ermittlungsverfahren ist auch nur der Beginn eines Strafverfahrens, auf das weitere Verfahrensphasen folgen.
Ihr habt vor Erhebung der Anklage erneut Gelegenheit zur Stellungnahme, genau so in der Hauptverhandlung so wie bei Einstellungen oder Strafbefehlen. Das Recht auf rechtliches Gehör ist national und auch europarechtlich festgeschrieben und ein sehr wichtiges Recht, dass euch nie genommen werden kann.

Es ist also völlig wurst, ob ihr zur Beschuldigtenvernehmung auftaucht – Schweigen kann euch nicht nachteilig ausgelegt werden.
Solltet ihr also eine Vorladung bekommen bleibt cool, meldet euch bei uns und besprecht dann das weitere Vorgehen.
Diese Ausführungen gelten aber nur für Vorladungen der Polizei! Zu Hauptverhandlungen vor einem Strafgericht müsst ihr zwingend erscheinen!

Etwas anders liegt der Fall bei einer Vorladung als Zeuge. Seit August 2017 gibt es in Bezug auf Zeugenvorladungen eine Gesetzesänderung.
Bisher wart ihr als Zeugen nicht verpflichtet, zu einer Zeugenvernehmung zu erscheinen. Verpflichtend war es allenfalls, bei einer Aussage die Wahrheit zu sagen.

Es wurde nun aber zur „effektiveren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ eingeführt, dass die Staatsanwaltschaft anordnen KANN, dass ihr zur Zeugenvernehmung bei der Polizei erscheinen MÜSST.
Solltet ihr also eine Zeugenvorladung erhalten und seid euch nicht sicher, ob ihr zum Erscheinen verpflichtet seid, meldet euch bei uns.