Donnerstag, 12. Oktober 2017

Fanhilfe Hannover kritisiert Erteilung von 177 Stadionverboten

In den vergangenen zwei Wochen trafen bei einer dreistelligen Anzahl an Personen Stadionverbote für eine mutmaßlich kurz bevorstehende Auseinandersetzung zwei Tage vor dem Derby ein. Dieser Vorfall ereignete sich bereits vor knapp einem Jahr im November 2016. Die Laufzeiten variieren zwischen einem halben und drei Jahren.

Die Begründung des DFB ist hierbei eine laut Polizeiangaben unmittelbar bevorstehende größere körperliche Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Fangruppen. Die Begründung soll sich auf § 4 Absatz 4 (16.) der Stadionverbotsrichtlinien (SVRi) stützen. Hierbei soll ein bundesweit wirksames Stadionverbot auch dann ausgesprochen werden, wenn kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Polizeiliche Ingewahrsamnahmen reichen hierfür aus, wenn hinreichende Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene Taten gemäß § 4 Absatz 3 der SVRi begangen hat oder begehen wollte. Hierzu zählen schwere Straftaten im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen, so wie Landfriedensbruch, oder Straftaten unter Anwendung von Gewalt.

Zunächst ist zu kritisieren, dass es bis heute insofern keine Beweise für eine unmittelbar anstehende Auseinandersetzung gibt, als dass sich keine gegnerischen Fans in der Nähe aufhielten. Gegen die Betroffenen wurden deshalb nach Auskunft der Polizei nicht einmal Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet. Ein Großteil der 177 Personen befand sich dennoch für 48 Stunden, bis nach Ende des Spiels, in Gewahrsam.

Der bis zu dreijährige Ausschluss der betroffenen Personen aus sämtlichen Partien der ersten bis zur vierten Liga ist auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unverständlich. Die Verbote beruhen lediglich auf Vermutungen und werden im Ergebnis dennoch so bestraft wie tatsächlich bei Fußballveranstaltungen stattfindende Auseinandersetzungen.

Zudem spricht gegen die Erteilung der Stadionverbote der fehlende Spieltagszusammenhang. Gemäß § 1 Absatz 1 SVRi ist Voraussetzung eines wirksamen Stadionverbots das "sicherheitsbeeinträchtigende Auftreten im Zusammenhang mit dem Fußballsport". Hier drängt sich die Frage auf, wieso der DFB entgegen seiner eigenen Regeln das, im Übrigen strafrechtlich nicht relevante, Verhalten von Privatpersonen beurteilt und sanktioniert. In dieser Form kann die Erteilung von Stadionverboten nur als Ersatzstrafrecht des DFB bewertet werden.

Laut § 5 Absatz 1 der SVRi ist das Stadionverbot im Hinblick auf die Zwecksetzung möglichst zeitnah zu der sicherheitsbeeinträchtigenden Handlung des Betroffenen auszusprechen, wovon ein Jahr später nicht mehr gesprochen werden kann. Auch der vermeintlich präventive Charakter eines Stadionverbots geht in diesem Zeitraum völlig verloren.

Grundsätzlich kann die datenschutzrechtliche Frage gestellt werden, wie der DFB, ein “gemeinnütziger” privatrechtlicher Verein, überhaupt an entsprechende Vorkenntnisse über die Betroffenen gelangt, zudem es sich ausschließlich um gefahrenabwehrrechtliche Erkenntnisse handelt. In anderen Konstellationen wäre eine Weitergabe dieser Daten an privatrechtliche Personen oder Konstrukte undenkbar.

In diesem Zusammenhang sind auch die bereits im vergangenen Jahr ohne vorherige Anhörung ausgesprochenen dreijährigen Stadionverbote zu erwähnen. Diese erhielten Personen, bei denen ein Aufenthaltsverbot für die Saison 2016/2017 ausgesprochen wurde. Auch hier muss die Frage der Datenweitergabe an den DFB gestellt werden. Zudem zeigt sich hier erneut der ersatzstrafrechtliche Charakter der Stadionverbote: Für die bereits "Vorbelasteten" wird das Stadionverbot mit einer entsprechenden Strafschärfung versehen.

Weitere Fragen wirft die verschiedene Laufzeit der Stadionverbote innerhalb der Gruppe der nicht bereits von einem Aufenthaltsverbot betroffenen Personen auf, die sich trotz ihrer Unterschiedlichkeit nicht an polizeilichen Vorkenntnissen zu bemessen scheinen.

Nach der freiheitsentziehenden Maßnahme in Form einer Langzeitingewahrsamnahme ein Jahr später eine derart einschneidende Strafe durch einen Sportverband auszusprechen, während nachweislich keine Straftaten vorlagen, kann nicht der richtige Weg sein und verschärft nur zusätzlich das Feindbild DFB und Polizei. Gerade der DFB spricht vermehrt Stadionverbote in größerer Masse auf Empfehlung der Polizei aus. Die Polizei Hannover versucht vermutlich auch in diesem Fall durch die Anregung extrem überzogener Laufzeiten die Betroffenen weiter zu gängeln und macht sich den Kampf gegen die Szene augenscheinlich zu einer persönlichen Aufgabe. Anders sind die beispiellosen Maßnahmen hier in Hannover in der Vergangenheit nicht zu erklären.

Selbst aus einsatztaktischen und ökonomischen Gesichtspunkten sind die Stadionverbote im Höchstmaß unkonstruktiv, da die operativen Polizeikräfte an Spieltagen für die Bewachung der Stadionverbotler an unterschiedlichen Orten zahlreiche Überstunden aufbauen müssen. Diese Überstunden wird die Polizei wiederum in einer zukünftigen Statistik dafür nutzen, aufzuzeigen, wie stark das vermeintliche Gewaltpotential der hannoverschen Fanszene angestiegen sei und wiederum neue Repressalien fordern, um dem entgegen zu wirken.

Die Fanhilfe Hannover prüft gegen dieses Novum von Massen-Stadionverboten rechtliche Schritte.

Samstag, 30. September 2017

96-Fans von Bundespolizei nach fragwürdigem Einsatz nach Hause geschickt

Am heutigen Samstag kam es zu einer unerfreulichen Situation auf dem Hinweg zum 96-Auswärtsspiel in Mönchengladbach. Während im Zug bis Düsseldorf alles ruhig blieb und die 96-Fans aufgrund einer Verspätung ihren Anschlusszug nach Mönchengladbach verpassten, vermummte und behelmte sich die Bundespolizei (BFE der Direktion Sankt Augustin) und bestieg mit den Fans den nachfolgenden Zug. Zu keinem Zeitpunkt gab es seitens Bundespolizei oder Zugbegleiter eine Ansprache oder eine Durchsage, dass die 96-Fans bis Rheydt Hbf weiterfahren sollten. So kam es, dass am Mönchengladbacher Hauptbahnhof Teile der Fans ausstiegen, unter der Annahme so schneller zum Stadion zu gelangen. Diese wurden von den anwesenden Bundespolizisten aufgefordert, wieder in den Zug einzusteigen. Ohne weitere Vorwarnung setzten die Polizisten Sekunden später Gewalt ein und lieferten somit eine eindrucksvolle Erklärung und Rechtfertigung für das vorherige martialische Auftreten. Hierbei attackierten sie u.a. auch eine weibliche Zivilbeamtin, die sich Verletzungen zuzog. Im Anschluss wurden alle 96-Fans in Gewahrsam genommen. Selbst weiblichen Fans wurde der Gang zur Toilette verwehrt. Zur Stunde werden von allen Fans die Identitäten festgestellt. Außerdem werden die Fans erkennungsdienstlich, u.a. mit umfangreichen Fotoaufnahmen, behandelt. Anschließend werden sie zurück in den Zug nach Hannover gesetzt.

Die Fanhilfe Hannover verurteilt des Vorgehen der Bundespolizei auf das Schärfste. Es ist offensichtlich, dass die Eskalation bewusst herbeigeführt wurde. So lassen sich wunderbar für die Polizei die internen Datenbanken füllen, die zu absurd hohen Zahlen an vermeintlichen Gewalttätern in der hannoverschen Fanszene führen und die unnötig hohen Einsatzstunden der Polizeibeamten rechtfertigen sollen.

Freitag, 30. Juni 2017

Polizei Hannover durchsucht systematisch XING-Profile

Die Fanhilfe Hannover dokumentiert die systematische Suche nach Strukturerkenntnissen von Polizeibehörden in beruflichen und gewerblich genutzten XING-Profilen.

„Wir können allen Bürgern, egal ob Fußballfan oder nicht, weiterhin nur nahelegen, nicht mit Klarnamen im Internet zu agieren. Hier werden von Ermittlern laienhaft Verknüpfungen konstruiert oder vermeintliche Strukturerkenntnisse zusammengetragen, die immer öfter in verhältnislose und verheerende Maßnahmen münden.", empfiehlt ein Sprecher der Fanhilfe.

Auch ist davon auszugehen, dass die Ermittlungsbehörden weiterhin Einschüchterungsmaßnahmen gegen Fans auf diesem Wege initiieren werden. „Schon vermehrt hatten die Ermittler Kenntnis darüber, dass sie in einer Sackgasse ermitteln oder die Tatbestände nicht erfüllt sind und haben dennoch versucht, bei den Betroffenen einen größtmöglichen Schaden zu hinterlassen.", fährt der Sprecher der Fanhilfe Hannover fort.

Bereits am 25. November 2016 hatte in einem Fall eine Vorladung zur Vernehmung selektiv nicht mehr schriftlich, sondern telefonisch über Arbeitgeber stattgefunden, der über eine Karriereplattform (XING) ermittelt wurde. Die Polizei Hannover begründete Ihr Vorgehen in der eingeleiteten Dienstaufsichtsbeschwerde als „serviceorientiert“. Eine schriftliche Vorladung erfolgte dann dennoch. Dieses obwohl bereits im Vorfeld klar war, dass die vermeintliche Anzeigenstellerin überhaupt nicht berechtigt gewesen wäre, eine Anzeige zu stellen. Das Strafantragserfordernis wurde durch die Beamten der Polizei Hannover nicht geprüft. Das Verfahren wurde nach entsprechendem Hinweis durch den Beschuldigten sofort eingestellt. Dennoch bleibt die stigmatisierende Wirkung des Strafverfahrens, insbesondere, da der Arbeitgeber unberechtigterweise in Kenntnis gesetzt wurde.

Auch Anfang Juni 2017 wurden im Rahmen von Hausdurchsuchungen in Bezug auf Graffiti-Delikte zahlreiche Personen Opfer von Ermittlungsmaßnahmen, die der Gruppe „RBH“ in keiner Weise angehörig sind. Davon, dass auch hier laienhafte Ermittlungen im Vorfeld dazu geführt haben, dass Personen Opfer falscher Verdächtigungen geworden sind, ist leider auszugehen. Die Fanhilfe Hannover wird hier rechtliche Schritte prüfen und die betroffenen Fans juristisch unterstützen.




Donnerstag, 15. Juni 2017

Hausdurchsuchungen wegen Graffiti bei (angeblichen) Mitgliedern der Gruppe „RBH“

Am gestrigen Morgen fanden bei neun Personen, die angeblich der Gruppe „Rising Boys Hannover“ zugehörig sein sollen, Hausdurchsuchungen statt.
Nach Aussage eines Presseprechers der Polizei Hannover sei man auf die Spur der Betroffenen gekommen, da sie beim Heimspiel gegen Nürnberg im Frühjahr 2017 ein Banner mit Gruppenaufschrift gezeigt haben sollen. Hiernach sei davon auszugehen, dass all diese Personen der Gruppe „RBH“ zuzuordnen und entsprechend an Sachbeschädigungen und weiteren graffitibezogenen Straftaten (unter anderem Taten, die in einem Video zum zehnjährigen Jubiläum der Gruppe zu sehen sein sollen) beteiligt seien.

Nach gesicherten Informationen der Fanhilfe gehört ein Großteil der Betroffenen jedoch nicht zur Gruppe „RBH“.

Mit massivem Polizeiaufgebot, angeblich wegen der Gewaltbereitschaft der Betroffenen, wurden die Durchsuchungen unter teils rechtswidrigen Bedingungen durchgeführt. So wurde eine Haustür mittels Rammbock zerstört, obwohl ein Schlüsseldienst die Tür hätte öffnen können. Das Eigentum eines Mitbewohners wurde trotz deutlicher Zuordbarkeit und trotz fehlenden entsprechenden Beschlusses beschlagnahmt. Der übernachtende Besuch eines Betroffenen wurde während der Durchsuchung auf einem Bett gefesselt.
Augenzeugenberichten und der entsprechenden Presseberichterstattung war zu entnehmen, dass teilweise ganze Straßen durch eine BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit) gesperrt worden waren. „Angesichts dessen, dass gegen die Betroffenen nach offiziellen Angaben wegen Sachbeschädigung und Landfriedensbruchs ermittelt wird, halten wir diese Maßnahmen und vor allem das massive Auftreten der Polizei für grob unverhältnismäßig. Es muss die Frage gestellt werden, aufgrund welcher niedrigschwelliger Verdachtsmomente ein Richter Durchsuchungen unter diesen Umständen genehmigt.“, so ein Sprecher der Fanhilfe.


Zudem kritisiert die Fanhilfe, dass offensichtlich schon im Voraus der Durchsuchungen die Presse entsprechend informiert wurde, so dass diese schon bei Durchsuchungsbeginn vor Ort war. Unter anderem in der „Neuen Presse“ findet sich zudem eine entsprechende Fotoserie, die unter reißerischer Aufmachung heimliche Aufnahmen durch ein gekipptes Fenster in das Wohnungsinnere eines Betroffenen enthält. Zudem werden die Betroffenen, obgleich gegen sie nicht wegen Gewaltdelikten ermittelt wird, als „Hooligans“ bezeichnet. Die Betroffenen haben bereits entsprechende Beschwerde beim Presserat eingereicht und werden zivilrechtlich gegen diese Grundrechtsverletzungen vorgehen.

Bei den Durchsuchungen wurde außerdem nicht tatbezogenes Material in Form von Zaun- und Schwenkfahnen verschiedener Gruppen beschlagnahmt. Die Fanhilfe beurteilt den Beweiswert dieser Funde als gering und wird mit den Betroffenen gemeinsam gegen die Beschlagnahme vorgehen.

„Insgesamt lässt sich die Zielrichtung der Durchsuchungen anhand ihrer fadenscheinigen Begründungen ganz klar feststellen: hier geht es um Stigmatisierung, Zufallsfunde und das Erlangen von Strukturerkenntnissen. Auch der nahende Wahlkampf, so wie der von Innenminister Pistorius angekündigte 'Fußballgipfel' sollten bei der Beurteilung dieser Maßnahmen nicht aus den Augen verloren werden.“, so ein Sprecher der Fanhilfe weiter.

Alle Betroffenen werden durch die Fanhilfe und einen Anwalt betreut und werden entsprechende rechtliche Schritte einleiten.

Donnerstag, 6. April 2017

Fanhilfen kritisieren Einsatzkonzept beim Heimspiel gegen den 1. FC Union Berlin

Im Qualitätsmedium HAZ konnte man am Samstag bereits vor Anpfiff lesen, dass die Polizei eine so genannte Drittortauseinandersetzung zwischen hannoverschen und berliner Fans verhindert haben soll. Nach Angaben der Polizei hätten sich die Gruppen verabredet.

Nach Informationen der Fanhilfe handelte es sich vielmehr um eine zufällige Begegnung, da die von Aufenthaltsverboten für den Innenstadt- und Stadionbereich betroffenen hannoverschen Fans, so wie die Stadionverbotler der berliner Fans sich den selben Biergarten ausgesucht hatten, um das Spiel im Fernsehen zu verfolgen. Fraglich ist, wieso bei dem immensen Aufgebot an Einsatzkräften während des Spieltags nicht aufgefallen ist, dass sich die Gruppe berliner Stadionverbotler auf den Weg in den selben Biergarten machte.
Nachdem sich beide Gruppen unter den Augen zahlreicher ziviler Einsatzkräfte darüber geeinigt hatten, dass der Besuch beider Gruppen in dem selben Biergarten ein Spannungsfeld darstellen dürfte, entfernte sich die Gruppe der berliner Fans zurück zur Bahnstation, um eine andere Lokalität aufzusuchen.
Im Gegensatz zur von Polizei und Presse dargestellten Version verweilten die hannoverschen Fans vor und während des Zusammentreffens mit den berliner Fans friedlich im Biergarten am Lister Turm, ehe im weiteren Verlauf die Ingewahrsamnahme aller Anwesenden in der Waterloowache angeordnet wurde.
 
Die Kollegen der Eisernen Hilfe von Union Berlin kommentieren den Vorfall unter anderem wie folgt:
 
"Nach Informationen der Eisernen Hilfe hatten sich die Stadionverbotler aus Berlin eine Kneipe ausgesucht, in der dann statt des Spitzenspiels der Zweiten Bundesliga Premier League laufen sollte. Natürlich ist Liverpool gegen Everton durchaus auch spannend, aber dafür war man nicht in Niedersachsens Landeshauptstadt gereist. Kurzfristig wurde eine neue Lokalität gesucht, dass es sich dabei um dieselbe handeln würde, hatte hier keiner auf dem Schirm. 
 
Eine verabredete Drittortauseinandersetzung sieht entsprechend anders aus, puren Zufall nennen wir es.
Nach Kenntnis der Eisernen Hilfe gab es anschließend einen Platzverweis für die Unioner, die sich umgehend auf den Weg nach Berlin machen mussten – wohlgemerkt, ohne eine Minute des Spiels gesehen zu haben. Eine Ausnahme bildeten diejenigen Unioner, die mit dem Auto angereist waren. Diese "durften" auf ihre Mitfahrer aus dem Stadion warten, natürlich gut bewacht von Einsatzkräften."
 

Die Fanhilfe beurteilt diese Maßnahme als unverhältnismäßig. Nach den Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts haben polizeiliche Maßnahmen verhältnismäßig zu sein. Der Freiheitsentzug ist als schwerster möglicher Grundrechtseingriff als ultima ratio anzuwenden. Ein Platzverweis für die berliner Fans, so wie eine professionelle Fantrennung hätten eine mildere und somit verhältnismäßigere Maßnahme dargestellt.

Offensichtlich sind Ingewahrsamnahmen in Gewahrsamszellen auf dem Weg, zur Standardmaßnahme betreffend angeblich verabredeter und kurz bevorstehender Auseinandersetzungen zu werden. Für die von Stadtverboten betroffenen Fans ein Teufelskreis, denn die Argumente für Ingewahrsamnahmen und weitere längerfristige Aufenthaltsverbote schafft sich die Polizei einfach selbst. Aufenthaltsverbote sollten die Betroffenen eigentlich nicht daran hindern, sich in den anderen Teilen der Stadt frei zu bewegen und ihre Freizeit repressionsfrei gestalten zu können. Anscheinend sorgt jedoch die "Brandmarkung: Aufenthaltsverbot" auch ohne besonderen Anlass dafür, Opfer massiver Repressionen zu werden.

 Fraglich ist insofern auch das Einsatzkonzept der hannoverschen Polizei. Während die Gästefans sich offenbar unkontrolliert im gesamten Stadtgebiet bewegten, schienen die eingesetzten drei (!) Wasserwerfer die Situation während des gesamten Spieltags nicht unter Kontrolle zu haben. Ausbaden durften dieses fehlgeschlagene Konzept dann die Heimfans.

Mittwoch, 15. März 2017

Gericht bestätigt: Abbrennen von Pyrotechnik keine Straftat

Die Fanhilfe Hannover begrüßt die mittlerweile bundesweit gängige Praxis der Staatsanwaltschaften und Gerichte, das Abbrennen von Pyrotechnik als Ordnungswidrigkeit nach dem Sprengstoffgesetz zu behandeln.

Ein Anhänger von Hannover 96 hatte bei der Partie des VfL Bochum gegen Hannover 96 in einem leerstehenden Bereich des Gästeblocks BAM-zertifizierte Pyrotechnik gezündet, ohne andere Personen zu gefährden. Im Nachgang wurde er von Beamten der Bochumer Polizei identifiziert. Entgegen der aufgeregten Debatte von Medienvertretern und Polizeigewerkschaftern folgte die Staatsanwaltschaft Bochum der mittlerweile gängigen Praxis in Sachen Pyrotechnik, wonach das Abbrennen von zertifizierter Pyrotechnik keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach dem Sprengstoffgesetz darstellt. Im Zuge dessen wurde das Strafverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt und das Stadionverbot des VfL Bochum mit sofortiger Wirkung aufgehoben.


„In der Nachbetrachtung zeigt sich, dass es die richtige Entscheidung war, nach dem Niedersachsenderby 2013 gegen die von Aktionismus getriebenen Maßnahmen der Polizei Hannover vorzugehen und ein Grundsatzurteil vor Gericht zu erstreiten.“, so ein Sprecher der Fanhilfe Hannover. Damals hatte eine SoKo „Derby“ erfolglos 289 Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz und gefährlicher Körperverletzung, eingeleitet. Alle Ermittlungsverfahren diesbezüglich wurden mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 II StPO eingestellt und gegen ein Bußgeld im Ordnungswidrigkeitsverfahren abgeschlossen.


 Die Fanhilfe Hannover kritisiert in diesem Zusammenhang die Vergabepraxis von Stadionverboten des VfL Bochum, sowie des DFB und der DFL.
„Es kann nicht sein, dass es nunmehr dutzende gleichlautende Gerichtsurteile gibt, wonach abzusehen ist, dass in besagten Fällen keine Straftat vorliegt und die Betroffenen dennoch für den Zeitraum der Ermittlungsverfahren ein Stadionverbot erhalten. Den Aufwand können sich alle Seiten einerseits sparen, andererseits täten Liga und Verband gut daran, sich selbst dadurch nicht noch weiter ins Abseits zu manövrieren.“, so ein Sprecher der Fanhilfe Hannover weiter.

Freitag, 10. März 2017

Einstellung eines Ermittlungsverfahrens nach Pyrotechnik-Einsatz beim Auswärtsspiel in Berlin

Erfreuliche Nachrichten zum Wochenende! Nach dem Pyrotechnik-Einsatz beim Auswärtsspiel bei Union Berlin wurde ein Mitglied der hannoverschen Fanszene beim Verlassen des Stadions festgenommen, einer erkennungsdienstlichen Behandlung zugeführt und beschuldigt, sich durch das Zünden von Pyrotechnik strafbar gemacht zu haben.

Dank auffälliger Kopfbedeckung und hinreichendem Video- und Bildmaterial, das den Beschuldigten nicht nur vor und nach dem Spiel, sondern sogar während des Pyrotechnik-Einsatzes nicht mit Fackel, sondern Bier in der Hand zeigte, konnte das Verfahren mit Unterstützung der Fanhilfe und Rechtsanwalt Dr. Andreas Hüttl problemlos nach § 170 II StPO (kein hinreichender Tatverdacht) eingestellt werden.
 

Ein Schuss in den Ofen für die Berliner Polizei und wiedermal ein Indiz dafür, wie schnell sogar offensichtlich Unschuldige in die Mühlen der Strafjustiz geraten können. Erfreulich war in diesem Fall auch, dass nicht sofort mit Einleiten des Ermittlungsverfahrens ein Stadionverbot ausgesprochen wurde. Stattdessen wurde der Ausgang des Ermittlungsverfahrens abgewartet, um nicht einen Unschuldigen mit Verboten zu belegen. Dieses Vorgehen sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, leider ist es häufig aber genau andersherum. Es wird oftmals direkt ein Stadionverbot ausgesprochen, obwohl die Schuld des Betroffenen nicht feststeht.