Montag, 6. November 2023

Pressemitteilung zum Niedersachsenderby Hannover 96 - Eintracht Braunschweig

Bereits Wochen vor dem Niedersachsenderby musste die Fanhilfe Hannover feststellen, dass bei der angesetzten Partie ein Rückfall in alte Zeiten erfolgen würde. Seitens der Polizei Hannover wurde im Vorfeld ein derart realitätsfernes Sicherheitskonzept vorgestellt, dass die Behörden von Woche zu Woche weiter davon abrücken mussten. Dies geschah einerseits, weil die Umsetzbarkeit nicht gewährleistet werden konnte, andererseits, weil hier billigend Eskalationen von bekannten Lagen in Kauf genommen wurden.

Aus diesen Maßnahmen erfolgte dennoch im Vorfeld ein gemeinsam mit Hannover 96 entwickeltes Maßnahmenpaket, welches die Verantwortung dafür auf Hannover 96 abgab und in der Woche vor der Partie zu einem neuen Konfliktfeld zwischen der Fanszene von Hannover 96 und der Profifußballgesellschaft führte. Dies wäre durchaus vermeidbar gewesen und hat im Nachgang auch das beabsichtigte Ziel (Verhinderung des Einsatzes von Pyrotechnik) komplett verfehlt. An dieser Stelle müssen sich die Verantwortlichen bei Hannover 96, allen voran Martin Kind, zurecht hinterfragen, ob dieses neue Konfliktfeld für die Zukunft nicht deutlich mehr Schaden als Nutzen in der Kommunikation mit der Fanszene verursacht hat. Wie so oft sind die eigentlichen Verusacher, die Behörden, an dieser Stelle fein raus.

Die Fanhilfe Hannover fordert hier eine klare Aufarbeitung innerhalb der Strukturen von Hannover 96. "Wir können den Unmut innerhalb der aktiven Fanszene und auch den Abbruch eines Dialogs nachvollziehen. Wir appellieren hier allerdings weiterhin im konstruktiven Austausch zu bleiben." so ein Sprecher der Fanhilfe Hannover.

Überholte Einsatztaktiken der Polizei führten dann am Spieltag zu diversen Provokationen gegenüber der Heimfanszene, die letztendlich nur in Eskalationen fußen konnten. Provokant im Fanmarsch platzierte Einsatzstaffeln, verzögerter und limitierter Einlass am Nordvorplatz und dutzende Beamte im Bereich der Heimkurve sorgten bereits im Vorfeld der Partie für ein angespanntes Verhältnis zwischen Fans und Polizei. Insbesondere beim Eintreffen des Fanmarsches am Niedersachsenstadion war es einzig und alleine der besonnenen Handlung der Fanszene durch Ansprachen zu verdanken, dass bei den tausenden wartenden Fans vor den  Stadiontoren keine Massenpanik ausgelöst wurde. Seitens der Polizei wurden hier trotz Lautsprecherwagens keine deeskalierenden Hinweise gegeben.

Im Verlauf der ersten Halbzeit kam es im Bereich der Nordkurve des Niedersachsenstadions zu einem unverhältnismäßigen Einsatz der eingesetzten Polizeikräfte. Infolgedessen wurden zahlreiche Zuschauer und Zuschauerinnen durch den Einsatz von Reizgas verletzt. Die Fanhilfe Hannover kritisiert dieses Vorgehen aufs Schärfste. Es entbehrt jeglicher Realität einerseits, Schutzräume und Deeskalation im Vorfeld der Partie zu kommunizieren und am Spieltag komplett divergent zu agieren.  Beamte, die unter dem Einsatz körperlicher Gewalt willkürlich in vollbesetzte Fanblöcke eindringen und hiermit sowohl Verletzungen als auch Massenpaniken billigend in Kauf nehmen, sind im Jahr 2023 derart antiquierte Einsatztaktiken, dass hier eine klare Aufarbeitung stattfinden muss.

Daniela Behrens muss sich hier als oberste Dienstherrin die unangenehme Frage stellen lassen, wie eine Einsatzleitung am Spieltag außerhalb des Stadions  überhaupt eine Lagebeurteilung vornehmen kann. Darüber hinaus möchten wir der Innenministerin empfehlen, sich bereits im Vorfeld einer solchen Partie mit der Materie zu befassen. Sich im Nachgang mit den bekannten populistischen und inhaltsleeren Worthülsen den Medien zu stellen, wird auch in Zukunft nicht dazu beitragen, Eskalation wie am Sonntag zu vermeiden, sondern eher Feindbilder festigen.

"Innenministerin Daniela Behrens täte gut daran, sich vielleicht in Gänze mit der komplexen Thematik zu befassen, ehe sie ebenfalls unqualifiziert in das selbe Horn ihres Vorgängers stößt. Spieltage und auch die Vorbereitungen dieses Derbys wurden von sozialpädagogischen Diensten des Landes begleitet, deren deeskalierende Empfehlungen weitesgehend ignoriert wurden. Es ist uns unbegreiflich, wie das Land Niedersachsen Fanprojekte mit großer Expertise unterhält und dessen Lagebeurteilungen grundsätzlich unterbewertet oder bewusst ignoriert." führt ein Sprecher der Fanhilfe Hannover aus.

Die Fanhilfe Hannover wird im Nachgang rechtliche Schritte gegen verantwortliche Beamte prüfen und betroffenen Fans Hilfestellung in der Durchsetzung ihrer Rechte geben.

Fanhilfe Hannover, 06.11.2023

Montag, 22. August 2022

Fanhilfe Hannover dokumentiert eine eklatante Fehlplanung von Bundespolizei und Bahnunternehmen im Zuge der Partie 1.FC Magdeburg gegen Hannover 96

Derzeit sichtet die Fanhilfe Hannover in Zusammenarbeit mit der Fanhilfe Magdeburg die Augenzeugenberichte von betroffenen Fans.

Bereits am Bahnhof Magdeburg-Herrenkrug konnte am Freitagabend ein Zugtransfer der abreisenden Fans nach Spielende nicht gewährleistet werden. Ohne klare Kommunikation über das weitere Vorgehen,  wurden die verbliebenen 400 Anhänger von Hannover 96 mit starker zeitlicher Verzögerung per Bus zum Hauptbahnhof geshuttelt.

Daraufhin wurden zwischen 300-400 Fans aus Hannover nicht dem Rücktransport zugeführt, obwohl ein Zug mit ausreichenden Kapazitäten bereitstand. Stattdessen wurden die Anhänger über mehrere Stunden im Hauptbahnhof Magdeburg festgehalten. Möglichkeiten, sich ausreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen oder seine Notdurft zu verrichten, wurden durch die eingesetzten Beamten der Polizei verhindert. 

Parallel konnten Fans des 1.FC Magdeburg nicht über den Hauptbahnhof die Rückreise antreten und mussten über den gesamten Zeitraum außerhalb des Bahnhofs verharren.

Auch in dieser Situation erfolgte zu keiner Zeit eine klare Kommunikation seitens der eingesetzten Polizei über das weitere Vorgehen. Viel mehr entstand über die desolate Planung des Einsatzes Unmut bei den Einsatzkräften auf der operativen Ebene, die vermehrt versuchten die Fans über das weitere Vorgehen zu befragen. Offensichtlich waren die Einsatzkräfte ebenfalls ahnungslos ob der vorherrschenden Situation. Gegen 3 Uhr, also über sechs (!) Stunden nach Abpfiff der Partie konnten die noch verbliebenen Fans den nächsten Zug nach Hannover betreten, wo sie rund achteinhalb Stunden nach Spielende ihr Ziel erreichten.

„Hier wurden mehrere hundert Menschen massiv und über Stunden in ihren Grundrechten eingeschränkt. Wir verlangen eine detaillierte und selbstkritische Aufarbeitung der Geschehnisse durch die verantwortlichen Instanzen, eine Entschuldigung bei den Betroffenen, personelle Konsequenzen im Bereich der für den Einsatz Verantwortlichen und für die Zukunft ein tragfähiges, fanfreundliches Spieltagskonzept für Fußballspiele in Magdeburg“ fordert ein Sprecher der Fanhilfe Hannover.

Die Fanhilfe Hannover wird die Berichte auswerten und im Anschluss gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten. Weiterführend wird die Fanhilfe Hannover in der Spieltagsnachbetrachtung konstruktiv mit dem Verein und dem Fanprojekt die Geschehnisse aufarbeiten.

Fanhilfe Hannover, 22.08.2022

Dienstag, 16. August 2022

Pressemitteilung: Fanhilfe Hannover kritisiert angedrohte Reiseuntersagung für Fußballfans am 19.08.2022 durch die Bundespolizei Hannover

 Im Vorfeld der Partie der 2. Bundesliga zwischen dem 1. FC Magdeburg und Hannover 96 sieht sich die Bundespolizei Hannover bereits jetzt genötigt, einen Spannungsbogen zu generieren und eine Fahrtuntersagung für Fußballfans in einer Pressemitteilung anzudrohen.

„Fußballfans sind keine Bittsteller, sondern genau wie Berufspendler und andere Bahnreisende, zahlende Fahrgäste. Wir haben absolut kein Verständnis dafür, dass seitens der Bundespolizei ein seit Wochen terminiertes Fußballspiel derartig verschlafen wurde und mit einer fadenscheinigen Pressemitteilung bereits am Dienstag eine Fahrtuntersagung für Anhänger von Hannover 96 legitimiert werden soll. Zeitgemäße und lösungsorientierte Arbeit sieht definitiv anders aus“ führt ein verärgerter Sprecher der Fanhilfe Hannover aus.

„Wir kennen diese Praxis aus vergangenen Spielzeiten in Bremen. Offiziell haben dann immer Zugführende Einwände, die Züge fahren zu lassen, werden aber oftmals bereits im Vorfeld durch die Bundespolizei in eine entsprechende Richtung geleitet, um dann eine entsprechende Amtshandlung umzusetzen. In der Regel waren schlussendlich mehr als ausreichend Stehplätze in den Zügen verfügbar. Dass hier seit Wochen offensichtlich versäumt wurde, sich konstruktiv mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen auf zusätzliche Kapazitäten zu verständigen, bleibt dabei erneut unerwähnt.“ führt ein weiteres Mitglied der Fanhilfe Hannover aus.

Die Fanhilfe Hannover fordert daher die Bundespolizei Hannover, als auch die Eisenbahnverkehrsunternehmen und deren Aufgabenträger auf, entsprechende Kapazitäten zu schaffen und eine Eskalation im Sinne aller Beteiligten zu vermeiden.

Fanhilfe Hannover, 16.08.2022

Dienstag, 9. August 2022

Wie die Polizei in Wolfsburg Innenminister Boris Pistorius der Lüge überführte – ein polemischer Kommentar

Am vergangenen Wochenende entlarvte ausgerechnet die niedersächsische Polizei Ihren obersten Dienstherren im Rahmen der Bundesligabegegnung VfL Wolfsburg – SV Werder Bremen, als sie eine massive grundrechtseinschränkende Maßnahme mit dem neuen Polizeigesetz des Landes Niedersachsen (NPOG)1 begründete. Kurzerhand fanden sich hunderte Menschen in einem Verbotsgebiet wieder und sollten sich einer polizeilichen Maßnahme unterziehen lassen. Wer sich weigerte, durfte seinen Weg zum Stadion nicht weiter fortsetzen. Wohlgemerkt: Fußend auf dem bloßen Verdacht einer Sicherheitsbehörde, die bis heute viele Antworten schuldig blieb.

Aber Moment: Das NPOG und Fußballfans - da war doch was?!

Genau! Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) wurde vor der Verabschiedung des neuen Niedersächsischen Polizeigesetzes (NPOG) nicht müde, immer wieder zu betonen, dass das NPOG auf gar keinen Fall dazu genutzt werden könne, Fans von Stadien fernzuhalten. Diese waren bereits in der Planungsphase des NPOG auf die Barrikaden gegangen und hatten unter anderem zu Tausenden mit anderen Interessenverbänden gegen die Verschärfung des Polizeigesetzes demonstriert. Gerne ließ Boris Pistorius sich zitieren und versuchte die Bedenken der Fanorganisationen im Zuge der Proteste als unbegründet auszuräumen:

„Innenminister Boris Pistorius (SPD) betont, dass diese Regelungen keineswegs dazu genutzt werden könnten, um beispielsweise Fußballfans aus Stadien fernzuhalten.“ - Hannoversche Allgemeine Zeitung, 14.05.20192

„"Dieses Gesetz ist in keiner Weise ausgerichtet auf Fußballfans", sagte Pistorius.“ - Süddeutsche Zeitung, 07.09.20183

Nun gut, die Zeiten sind nicht erst seit dem Jahre 2022 vorbei, in denen man von windigen Innenpolitikern jeglicher Couleur noch etwas gutgläubig für bare Münze abgekauft hat. Ein innenpolitischer Offenbarungseid, der in dieser Deutlichkeit seines Gleichen sucht, ist es aber dennoch. Es war Boris Pistorius, der gerne mal versuchte über fadenscheinige Alibiveranstaltungen mit den organisierten Fankurven in Gespräche zu kommen, um sich im Nachgang als großer Fanversteher zu geben. Zum Glück eilte ihm in den meisten Fällen sein „guter“ Ruf voraus und die Tür war bereits zu4, ehe der Innenminister vor selbiger stand.

In diesem Jahr ist Landtagswahl in Niedersachsen und viele tausende Fußballfans sind wahlberechtigt. Sie täten gut daran, den Verantwortlichen im niedersächsischen Landtag für die Grundlage dieser Maßnahme, nämlich der CDU und der SPD, einen Denkzettel zu verpassen. Fußballfans sind nicht nur glühende Anhänger Ihrer Vereine. Sie sind vor allem Bürgerinnen und Bürger dieses Landes mit Rechten.

 

1 Quelle: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/56520/5291182

2 Quelle: https://www.haz.de/der-norden/das-neue-polizeigesetz-in-niedersachsen-MK64UJOXZYLFECCVLA6SYORJP4.html

3 Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/innere-sicherheit-hannover-pistorius-verteidigt-polizeigesetz-gegen-kritik-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-180907-99-863332

4 http://www.profans.de/pressemitteilung/profans-zeigt-boris-pistorius-die-rote-karte, http://www.profans.de/pressemitteilung/profans-adressiert-mindestanforderungen-fuer-eine-dialogbasis-an-den-niedersaechsischen-innenminister

Dienstag, 10. Mai 2022

Pressemitteilung: Erneuter Erfolg der Fanhilfe Hannover gegen vermeintliche Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz im Nachgang des Derbysiegs vom 06.02.2021

Nach dem Derbysieg der Mannschaft von Hannover 96 beim Auswärtsspiel gegen Eintracht Braunschweig am 06.02.2021 empfingen hunderte Anhänger von Hannover 96 ihre Mannschaft am Niedersachsenstadion.

Trotz des friedlichen und deeskalierenden Verhaltens der Anhängerschaft im Zuge des Empfangs und auch im Vorfeld der Partie, sahen es namentlich bekannte Zivilbeamte als Ihre Pflicht an, ihnen bekannte Personen der Fanszene beispielsweise trotz des Tragens von FFP2-Schutzmasken wegen mangelnden Abständen bei der Region Hannover anzuzeigen und hierbei sehr selektiv gegen einzelne Personen zu agieren. Darüber hinaus stellte die Polizei Hannover gegen einzelne Fans erneut Anzeigen wegen des vermeintlichen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz.

„Es stellt sich uns ernsthaft die Frage, ob hier politischer Druck oder der bloße Selbsterhaltungstrieb der namentlich bekannten Beamten der Polizei Hannover Anlass für die Ermittlungen waren. Geschulten Beamten, die seit Jahren auf dem Tätigkeitsgebiet unterwegs sind, hätten wir aus unserer Sicht zumindest die fachliche Kompetenz zugesprochen, sich mit den letzten Verfahren zum Thema Pyrotechnik in Hannover zu befassen. Hierbei stellten die Gerichte in allen uns bekannten Fällen strafrechtliche Verfahren im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz ein und bewerteten den Einsatz von Pyrotechnik stattdessen als Ordnungswidrigkeit, wobei jüngst selbst hiervon abgesehen wurde." führt ein Sprecher der Fanhilfe Hannover aus.

Mit Unterstützung der Fanhilfe Hannover und deren Anwälten gelang es in allen übernommenen Fällen gegen die Vorwürfe des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz vorzugehen und zum wiederholten Male Einstellungen zu erzielen. Nach Sichtung der Akten gelang es zudem den Ordnungswidrigkeiten wegen vermeintlicher Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung entgegenzuwirken und diese Vorwürfe der Beamten zu entkräften. Hierbei konnten zahlreiche Bescheide in der Höhe des Bußgelds deutlich reduziert oder gänzlich eingestellt werden. Auffällig waren dabei die telefonischen und nicht dokumentierten Absprachen zwischen ‚szenekundigen‘ Beamten und Mitarbeitern der Region Hannover.

„Am Ende muss man hier attestieren, dass die namentlich bekannten Beamten für wirklich nichts und wieder nichts einen erheblichen Beitrag dazu geleistet haben, die Polizei seitens der Fanszene als unverlässliches und heimtückisches Gegenüber zu betrachten. Es bleibt zu hoffen, dass das Land Niedersachsen und die polizeiliche Führung irgendwann in eine sachgerechte und weniger populistische Ausbildung der Beamten investieren. Dieses würde deutlich zur Deeskalation und dem Abbau von Feindbildern beitragen – sofern es denn überhaupt gewünscht ist.“ sagt ein Sprecher der Fanhilfe.

Bereits einige Tage vor dem Spiel dokumentierte die Fanhilfe Hannover die Observation einiger 96-Fans durch teils sehr unbeholfen agierende Zivilbeamte. Die Fanhilfe Hannover wird auch hier die Betroffenen weiterführend beraten und die Maßnahme, deren Abschluss offiziell noch nicht an die betroffenen Fans kommuniziert wurde, hinterfragen.

Fanhilfe Hannover, 10.05.2022

Montag, 25. April 2022

Pressemitteilung: Fanhilfe Hannover verurteilt Polizeigewalt beim Auswärtsspiel in Paderborn mit mehreren verletzten Fans

In der Abreisephase der Partie SC Paderborn gegen Hannover 96 kam es beim Eintreffen der Shuttle-Busse am Bahnhof zu gewalttätigen Übergriffen der eingesetzten Beamten der Bundespolizei gegen abreisende Fans von Hannover 96. Dabei verlor mindestens ein Fan im Rahmen der Übergriffe kurzzeitig das Bewusstsein und mehrere Fans wurden verletzt. Darüber hinaus setzten die Beamten der Bundespolizei unkontrolliert in der Menge der abreisenden Hannover-Fans Reizgas auf engstem Raum ein. Dieses führte zu zahlreichen Beschwerden der Betroffenen in Augen und Atemwegen.

Während die passiven und deeskalierenden Einheiten der anwesenden Landespolizei die Shuttlebusse in der Abreisephase lediglich eskortierten, kam es immer wieder zu tätlichen Übergriffen durch die Einheiten der Bundespolizei. Anwesende Fans berichteten von Beamten, die durchweg Fans von Hannover 96 beleidigten und aggressiv die körperliche Konfrontation suchten. Auch bereits durch Beamte fixierte Personen wurden im Zuge ihrer Ingewahrsamnahme unverhältnismäßiger körperlicher Gewalt ausgesetzt. Bei einer zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommenen Person musste ein Rettungswagen die Reisetauglichkeit des Betroffenen feststellen, ehe dieser die Rückreise antreten konnte. Auch nach Abschluss der Maßnahme drängten immer wieder Beamte der eingesetzten Bundespolizei in die Menge der Fans, um die Situation eskalieren zu lassen. Insbesondere in einer engen Zuwegung eines Bauabschnitts des Bahnhofs, ließen die Beamten keine Möglichkeit unversucht, eine Grundlage für weitere Auseinandersetzungen zu finden, anstatt diese Passage zum reibungslosen Abfluss der abreisenden Fans in Richtung des Zuges zu gewährleisten. Nur durch Intervention und weiterführende Deeskalation der Mitarbeiter des Fanprojekts Hannover und einiger Fanvertreter war es möglich, die finale Abreise der Fans mit dem Entlastungszug zu gewährleisten.

Die Fanhilfe Hannover ist aufgrund dieser Vorfälle mehr als entsetzt. „Es gab zu keinem Zeitpunkt einen Anlass, der eine derartige Gewalt seitens der Polizei auch nur im Ansatz gerechtfertigt hätte. Wir fragen uns ernsthaft, wie lange es im deutschen Polizeiwesen noch derart unverhältnismäßige Exzesse geben kann, in denen die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden und die Opfer im Nachgang die Konsequenzen der Täter tragen müssen.“ sagt ein Sprecher der Fanhilfe Hannover.

Allen Betroffenen der Ereignisse empfiehlt die Fanhilfe Hannover, sich etwaige Verletzungen attestieren zu lassen und umgehend ein Gedächtnisprotokoll anzufertigen. Weiterführend empfiehlt die Fanhilfe Hannover allen Geschädigten über einen Rechtsbeistand Strafanzeige zu stellen.

Markus Heuer (Sprecher der Bundespolizeiinspektion Münster) und seinen Schilderungen im Sportbuzzer widerspricht die Fanhilfe Hannover währenddessen entschieden. „Der Mechanismus ist in besagten Fällen immer identisch: Toxisch motivierte Einheiten eskalieren Situationen, deren Sachverhalte im Nachgang mit ‚Tit-for-Tat‘-Behauptungen begründet oder relativiert werden sollen – ohne, dass diese belastbar sind. Von den Versuchen, mit windigen und ereignisnahen Pressemitteilungen die Deutungshoheit für derartige Ereignisse gewinnen zu wollen einmal ganz abgesehen“ führt ein Mitglied der Fanhilfe Hannover aus.

Viel mehr untermauern die Vorfälle vom Wochenende die Annahmen, dass seitens der Behörden unverhältnismäßig Anlässe konstruiert werden, um durch die Blaupause Covid-19 geschrumpfte Datensätze wieder aufzufrischen und eigene Existenzberechtigungen zu schaffen. „Es wäre vermessen zu glauben, dass in Hinblick auf die EM 2024 in Deutschland keine Versuche unternommen werden, bereits jetzt die Grundlagen für neue Sicherheitsmaßnahmen zu schaffen. Dies hat uns die Bundespolizei am vergangenen Sonntag eindrucksvoll bewiesen.“ schließt ein Sprecher der Fanhilfe Hannover ab.
 
Hannover, 25.04.2022

Dienstag, 16. März 2021

Pressemitteilung: Tagelange präventive Ingewahrsamnahme rechtswidrig. Polizei Hannover muss Klägerin der Fanhilfe Hannover Schadenersatz zahlen.

Am 04.11.2016 setzte die niedersächsische Polizei an einem Freitagabend 177 Personen aus der Fanszene von Hannover 96 in der Nähe von Hildesheim fest und nahm diese für zwei Tage in präventives Polizeigewahrsam.

Die Polizei begründete diese freiheitsentziehende Maßnahme mit einer vermeintlich unmittelbar bevorstehenden Drittortauseinandersetzung zwischen Fans von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig, deren Bezugsvereine am 06.11.2016 gegeneinander spielen würden. Die Fanhilfe Hannover legte für ein Mitglied Klage gegen die Maßnahme ein. (Aktenzeichen OVG Niedersachsen - 11 LB 108/18)

Im Zuge der Beweisaufnahme stellte sich heraus, dass die Polizei, nicht wie ursprünglich behauptet, keine Erkenntnisse über die Anwesenheit oder Bewegung von Fans des Braunschweiger Vereins hatte. Tatsächlich berichteten die als Zeugen gehörten Beamten, dass keiner der Kollegen, die den gesamten Stadtbereich Hildesheim „im Auge hatten“ überhaupt Braunschweiger Fans in Hildesheim festgestellt hatte. Belege für eine unmittelbare Auseinandersetzung lagen daher nicht vor.

Daneben waren auch die Fragen zur Verhältnismäßigkeit, des Umfanges und der Dauer der freiheitsentziehenden Maßnahme sowie die Art und Weise der Unterbringung Gegenstand des Verfahrens.

Beklagt wurde insbesondere, dass eine Vielzahl der von der Polizei Hannover belegten Zellen nicht den europäischen Standards zur Unterbringung von Gefangenen entsprach. Über die entsprechenden Unzulänglichkeiten hatte z.B. die Hannoversche Allgemeine Zeitung bereits im Jahr 2012 berichtet (https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Ein-Blick-hinter-Hannovers-Gitter).

Was wir hier erlebt haben, war eine staatlich initiierte Stigmatisierung von Fußballfans basierend auf bloßen Vermutungen der Polizeiführung. Besorgniserregend ist dahingehend auch die Rolle einiger Medienvertreter*innen, die sich willfährig in ihrer Berichterstattung den Thesen der Polizei Hannover hingaben.“ sagt ein Prozessbeobachter der Fanhilfe Hannover.
 

Im weiteren Verlauf folgte letztlich auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht dem Klagevortrag von Fanhilfe Anwalt Dr. Andreas Hüttl und stellte fest, dass bereits keine Tatsachen vorgelegen haben, die die bemühte Prognose der Polizeidirektion stützen würden. Hiernach wurde bereits die Anordnung der Ingewahrsamnahme als rechtswidrig angesehen und der Klage stattgegeben. Auf die Art und Weise der Unterbringung kam es insoweit nicht mehr an.

Im Anschluss an die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme vom 04.11.2016 bis 06.11.2016 machte das Mitglied der Fanhilfe Hannover über Rechtsanwalt Dr. Andreas Hüttl zudem Schadenersatz in vierstelliger Höhe gegen die Polizeidirektion Hannover geltend. Der Anspruch wurde als begründet erachtet und vollumfänglich beglichen.

Seit Jahren klagt die Polizei über mangelnde Akzeptanz in der Gesellschaft und über ihre Wahrnehmung als Feindbild. Die Polizei täte gut daran, sich und ihr Handeln vor rechtsstaatlichen Grundsätzen zu reflektieren. Durch derartige rechtswidrige Maßnahmen wird die Akzeptanz der Polizei bei den Bürger*innen weiter schwinden. Erst recht dann, wenn verantwortungslos auch noch Steuergelder für Prozess- und Schadenersatzkosten aufgebracht werden müssen.“ führt ein anderer Prozessbeobachter fort.

Die Fanhilfe Hannover fordert daher den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius als Dienstherren auf, umgehend das rechtskräftige Urteil zum Anlass zu nehmen, personelle Konsequenzen zur Wiederherstellung der Integrität seiner Behörden zu ziehen. Eine kritische Aufarbeitung der rechtswidrigen Maßnahme, eine sachgemäße Ausbildung der Mitarbeiter*innen im polizeilichen Dienst, sowie eine Abkehr der jahrelangen fanfeindlichen Alibipolitik wären diesbezüglich ein Schritt in die richtige Richtung.

Fanhilfe Hannover, 16.03.2021