Mittwoch, 31. August 2016

Die Rolle des Lokaljournalismus'

In der Vergangenheit berichtete die Fanhilfe bereits mehrfach über erfolgreiche Beschwerden beim deutschen Presserat im Zuge der Berichterstattung durch hannoversche Lokalzeitungen der Madsack Mediengruppe, in diesem Fall der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) und der Neuen Presse (NP) (Erfolgreiche Beschwerde beim Presserat, 09.02.2015 ; Erfolgreiche Beschwerde beim Presserat, 14.07.2014)


Auch 2016 lässt sich leider erneut eine sehr verbesserungswürdige Berichterstattung attestieren.
Während die HAZ am 31.10.2012 noch berichtete, dass es in der Innenstadt von Hannover vor, während und nach der Partie gegen Dynamo Dresden ruhig geblieben sei (Randale überschattet Sieg von Hannover 96 gegen Dynamo Dresden), ist die Faktenlage nach knapp vier Jahren plötzlich eine komplett andere. Hier behauptet die HAZ nun, es sei 2012 zu „schlimmen Krawallen in der City“ gekommen. (Kommunalwahl zwischen Fußballchaoten?, HAZ am 28.07.2016). Aus diesem Grund sei nun die Stimmabgabe im einzigen Wahllokal des Bezirks Mitte in Gefahr. Bedauerlicherweise beteiligen sich auch Vertreter der hannoverschen SPD und der CDU mangels Fachkenntnis an dieser inszenierten Diskussion, die die Bürger des Wahlbezirks Mitte lediglich beunruhigt.
Allem Anschein nach ist es mittlerweile Usus, sich im Rahmen einer oberflächlicher Recherche Themen anzunehmen, die sich ohne Gegenstimme in eine bestimmte Richtung durch einen inszenierten Spannungsbogen über einen längeren Zeitraum beliebig fortführen lassen. Schon eine simple Rückfrage bei Fanbeirat, Fanprojekt, Fanbeauftragten oder Fanhilfe beider Vereine nach einer Einschätzung der Situation hätte ans Licht gebracht, dass die Vorzeichen im Jahr 2016 ganz andere sein werden. Das Ligaspiel zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden ist nur eines von 34 Ligaspielen und kein K.O.-Spiel im Rahmen des DFB-Pokals. Auch die frühe Anstoßzeit, gepaart mit einem Werktag in Folge des Spieltags, nimmt deutlich Brisanz aus der Partie. 2012 hatte ein Feiertag in Sachsen zu einer großen Anzahl an Gästefans geführt. Dieses ist 2016 nicht der Fall, was auch das aktuell von Dynamo Dresden abgerufene Kartenkontingent offenbart. All dieses hätte im Vorfeld zu einer deutlichen Versachlichung beigetragen, sofern seitens der lokalen Pressevertreter eine ausgeglichene Recherche stattgefunden hätte. Es wird also wenig überraschend sein, wenn am 12.09.2016 beide Redaktionen einen weitestgehend ruhigen Spieltag unter massivem behördlichen Aufwand vermelden werden.
 

Wie offensichtlich man mittlerweile gezielt mit vermeintlichen Hannover-96-Fanthemen Auflage machen möchte, ohne auch nur einen Funken journalistische Sorgfalt walten zu lassen, offenbarten HAZ und Neue Presse sehr anschaulich ebenfalls am vergangenen Wochenende. Laut der Schlagzeile attackierten 96-Ultras Polizisten auf einem Stadtfest in der Region Hannover. Sie sollen sich dabei mit gewaltbereiten Festbesuchern solidarisiert haben und seien auf die Polizeibeamten losgegangen (96-Ultras attackieren Polizei bei Stadtfest, HAZ am 27.08.2016). Im selben Artikel der HAZ wird allerdings ein Polizeisprecher zitiert, laut dessen Aussage die vermeintlichen 96-Anhänger keine Straftaten begangen hätten und nicht im Fokus der Ermittlungen stünden. Für den Leser wird in diesem Fall zweifelsfrei durch die Autorin Isabel Christian ein klares Bild konstruiert, welches klar von den tatsächlichen Geschehnissen abweicht. Noch einfacher machte es sich hingegen die Neue Presse Hannover. Während sie erst den Artikel aus dem gemeinsamen Regionalteil von HAZ/NP veröffentlichte, wurde der Artikel knapp eine Stunde später zusammengestrichen und in seiner Aussage nach bester „Stille Post“-Manier verändert, als wären die vermeintlichen 96-Anhänger tatsächlich auf die eingesetzten Polizisten losgegangen (96-Ultras attackieren Polizei bei Stadtfest, NP am 27.08.2016); (96-Ultras greifen Polizisten an, NP am 27.08.2016).

Die Fanhilfe Hannover wird in diesem Fall erneut den deutschen Presserat um eine Prüfung bitten.
Des Weiteren appelliert sie abermals an die beiden betroffenen Redaktionen, sich nicht zum Steigbügelhalter für Populisten zumachen, in dem sie durch Sensationsjournalismus die Faktenlage falsch wiedergeben. Auch und gerade bei verschärfter Wettbewerbssituation durch Onlinemedien und der wachsenden Zunahme von Werbeeinnahmen durch die Generierung von Klickzahlen darf die journalistische Sorgfaltspflicht im Rahmen der Berichterstattung nicht zu Lasten der Fußballfans ausgeblendet werden. Gerade dann nicht, wenn die derzeitige Entwicklung (Große Anfrage: Bewältigung des polizeilichen Einsatzgeschehens bei Fußballspielen: Resultate der Innenministerkonferenz in Mainz und Bewertung der aktuellen ZIS-Zahlen) entgegen der bisherigen Berichterstattung tatsächlich deutlich unaufgeregter und positiver als ohnehin schon ist.

Freitag, 5. August 2016

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Liebe Polizei Hannover,

dass "Reden nicht hilft", habt ihr gekonnt unter Beweis gestellt, in dem ihr 96-Fans ohne Stadionverbot aufgrund einer fragwürdigen Gefahrenprognose über eine lange Zeit massiv in ihren Grundrechten eingeschränkt habt. Wohlgemerkt, ohne den Verein oder das Fanprojekt in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Hannover 96 hat sich sogar nachweislich gegen den Erlass von Stadionverboten ausgesprochen, da keine Rechtsgrundlage vorhanden war.


Einige Fakten zu den Aufenthaltsverboten:

Schon eine dreimalige Personalienfeststellung hat ausgereicht, um ein Aufenthaltsverbot zu erhalten. Von diesen Personalienfeststellungen kann man sehr schnell betroffen sein. Erinnern wir uns an die Auswärtsfahrt in Gladbach - eine mögliche Zugverbindung für alle Fans und ein überraschender Angriff durch Unbekannte führte zu über 200 Personalienfeststellungen. Ermittlungsverfahren oder Urteile sind für die Gefahrenprognose der Polizei nicht ausschlaggebend gewesen.

Es ist zu kurz gegriffen zu behaupten, die Aufenthaltsverbote alleine hätten zu der Aufforderung geführt, nicht mehr mit der Polizei zu kommunizieren. Vielmehr ist der alleinige Grund, dass ein Sich-zur-Verfügung-Stellen als Ansprechpartner den Vorwurf der Rädelsführerschaft begründet. In sämtlicher Kommunikation der Polizei so wie im zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichts wird als Begründung für die Rädelsführerschaft lediglich das Kommunikationsangebot in Gladbach, so wie die Mitgliedschaft im Fanbeirat angeführt. Hinweise oder Beweise, dass die betroffene Person bei (vermeintlichen) Ausschreitungen Rädelsführer war, gibt es demnach nicht.
Engagement wird hier bestraft.

Um also nicht Opfer weiterer fragwürdiger Repressionen zu werden, empfehlen wir allen Fans, sich nicht als Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen.