Dienstag, 7. November 2017

Die aktuellen Geschehnisse bei Hannover 96 - Ein polemischer Kommentar



Die meisten werden sich vermutlich verwundert die Augen gerieben haben, als seit vergangenem Freitag eine Vielzahl neuer Medienberichte erschienen, welche so langsam den ganzen hannoverschen Filz aufklären. Vor allem die taz tat sich durch einen sehr ausführlichen und gut recherchierten Artikel hervor. Aber auch der vierseitige Bericht in der gedruckten Ausgabe des Spiegels zeigte sehr deutlich, wie Herr Martin Kind Hannover 96 regiert. Durch die Artikel wurde bekannt, dass es beispielsweise ein neues Gutachten der renommierten Wirtschaftsprüfer von Baker Tilly gibt, welches den Wert der Management GmbH mit 10 Millionen plus X ausweist.

Herr Kind ist hingegen der Meinung, dass er 51% für 12.750€ erwerben könne. Die Gesellschaft habe laut ihm nur den Wert des Stammkapitals, nämlich 25.000€ (51% = 12.750€). Herr Kind soll sich ja mit Wirtschaft auskennen. Da fragen wir uns schon, ob er nicht weiß, dass der Wert seiner bisher bestehenden Anteile an der 96 KGaA (die er über seine Mehrheitsanteile an der S&S besitzt) massiv im Wert steigen werden, sobald diese nicht mehr stimmrechtlos, sondern mit Stimmrecht ausgestattet sind. Somit steigt also der Wert seiner gesamten Anteile massiv, sobald er das Stimmrecht hat.

Auf die Idee hätten eigentlich auch seine Kollegen im Vorstand und die drei Kollegen im Aufsichtsrat kommen können, spätestens als ihnen ein erstes Gutachten dazu präsentiert wurde. Diese ziehen es aber vor, Herrn Kind blind zu folgen, ohne das Gutachten zu beachten. Herr Kind ist schließlich ein Ehrenmann. Dabei kann man dann auch übersehen, dass im Handelsregister die Bilanz der Management GmbH ein Eigenkapital von 29.301,63 € ausweist (Stand: 30.06.2016). Sieht man also mal vom Wert der Stimmrechte ab, kauft Ehrenmann Kind für 12.750€ Firmenanteile im monetären Wert von 14.943,83 €. Der Vorstand würde nach dieser Logik also auch ein Portemonnaie mit 112€ Inhalt für 96€ verkaufen. Zumindest an Kind. Denn der ist ja ein Ehrenmann. Dem kann man blind folgen.

Und sonst so? Da ist dann ja noch die Rolle der Lokaljournalisten. Diese haben es nicht leicht. Erst werden sie bei ZAPP kritisch hinterfragt. Dann mussten sie per Spruchband aus der Fankurve auf ein laufendes und ein abgeschlossenes Gerichtsverfahren zwischen zwei 96-Gesellschaftern (Wilkening vs. Kind) hingewiesen werden, die zeigen, dass es auch zwischen den regionalen Gesellschaftern Stress gibt und das vermeintlich so tolle „Hannover-Modell“ vielleicht doch nicht sooo toll ist. Und zu guter Letzt erfahren Sie aus den überregionalen Medien (siehe oben) von allerhand neuen Enthüllungen um Hannover 96 und Herrn Kind. Also zu den Themenbereichen, zu denen die Lokaljournalisten eigentlich am besten Bescheid wissen sollten. Man munkelt, dies führte zu internem Ärger im Hause Madsack. Aber man muss fairerweise sagen, es wurde relativ schnell reagiert.

Der erste Artikel von Herrn Dirk Tietenberg ging beim Sportbuzzer am Freitag um 20.10 Uhr online, enthielt allerdings direkt im ersten Absatz noch deutliche Fehler im Basiswissen. Während hier suggeriert wird, dass die Management GmbH von der S&S bzw. allen vier Gesellschaftern übernommen werden soll, ist es in der Realität Herr Kind alleine, der die Management GmbH übernehmen will. Ohne seine Kollegen. Übrigens: im Gegenzug soll dann aber die gesamte S&S über den Grundlagenvertrag dem e.V. Vorteile, v.a. finanzieller Art, zukommen lassen. Also in Kurzform: Herr Kind bekommt, die S&S insgesamt zahlt. Kein Wunder, dass nicht alle Gesellschafter damit zufrieden sind.

Im zweiten Artikel von Herrn Tietenberg waren es dann schon weniger Fehler enthalten und er war deutlich ausführlicher. Dieser wurde dann auch in den Print-Ausgaben von HAZ und NP am Montag berücksichtigt. Zusätzlich gab es in beiden Zeitungen noch einen Kommentar von Herrn Carsten Bergmann (Redaktionsleiter), der ebenfalls durchaus lesenwert war.

Am heutigen Dienstag brachte die HAZ einen Leitartikel von Herrn Gunnar Menkens, den man ebenfalls durchaus lesen kann, selbst wenn man dem Grundtenor ("Es ist gut, 96 zu einem Wirtschaftsunternehmen umzubauen") nicht zustimmt. Im Sportteil findet sich ein Artikel von Herrn Tobias Manzke (online aktuell nicht verfügbar), in dem die verschiedenen Parteien zu Wort kommen und der einigermaßen ausgeglichen, aber nicht tendenziös berichtet.

Und die Neue Presse? Die lässt Herrn Andreas Willeke sich mal wieder mit einem Artikel bei Herrn Kind beliebt machen. Dem stellvertrenden Vereinsvorsitzenden, Herrn Uwe Krause, wird eine halbe Seite zum Verbreiten seiner kruden Thesen geschenkt. Herr Krause darf unwidersprochen behaupten, dass Pro Verein 1896 Beleidigungen initiiere (Nachweis?), dass Aufsichtsrat Ralf Nestler grob vereinsschädigend handle (Nachweis? Zufälligerweise vielleicht der gleiche Müll, den ein Abteilungsleiter des Breitensportvereins von sich gibt?) oder dass Pro Verein 1896 nur Halb- und Unwahrheiten verbreite (Nachweis?). Auch beschwert er sich, dass das neue, aktuelle Gutachten noch nicht bei 96 vorliege. In der Bild beschwert Herr Krause sich zusätzlich noch, dass das aktuelle Gutachten mehreren Medien vorliege, was ebenfalls nicht der Wahrheit zu entsprechen scheint, da es den Formulierungen nach offenbar ausschließlich dem Spiegel vorliegt. Alle anderen Medien haben lediglich zitiert. Auch wird von Herrn Krause verschwiegen, dass das angeblich existierende Gutachten von Hannover 96, welches es schon Ende Juli gegeben haben soll (Inhalt angeblich: Management GmbH ist nur 25.000€ wert), bis heute nicht dem Aufsichtsrat zugegangen ist. Es ist von Seiten Hannover 96 also alles wie immer: Behauptungen ohne Ende aber nicht ein einziger Nachweis. Und Herr Willeke? Für den ist offensichtlich weiterhin Herr Kind Gott und alle Kind-Kritiker scheinen Vollidioten zu sein.

Achso, was ist eigentlich mit dem Fragenkatalog der 90 Fanclubs? Wird sich Hannover 96 noch bequemen, diesen zu beantworten? Oder lassen sie es lieber bleiben, da ehrliche Antworten das gesamte Konstrukt zum Einstürzen bringen würden?